Alle Angebote sind eingelangt, die Angebotsfrist ist abgelaufen, die Angebote wurden geöffnet. Bei der Angebotsprüfung müssen Auftraggeber nun einige rechtliche Vorgaben einhalten. Zusätzlich muss die Prüfung ausreichend dokumentiert werden.
Sie haben den Maßstab selbst gelegt: Auftraggeber müssen Angebote nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien prüfen. Angebote, die den Kriterien widersprechen, sind auszuscheiden. Dabei sind Ausschreibungsunterlagen objektiv auszulegen, also so zu verstehen, wie sie von einem sachverständigen Bieter zu verstehen sind und nicht nach dem Willen des Auftraggebers.
Weiters müssen Auftraggeber einzeln prüfen:
- ob den vergaberechtlichen Grundsätzen entsprochen wurde (Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, Verhältnismäßigkeit, Transparenz, freier und lauter Wettbewerb, Wirtschaftlichkeit);
- die Eignung des Bieters bzw. der Subunternehmer hinsichtlich des diese betreffenden Auftragsteiles;
- ob das Angebot rechnerisch richtig ist (Rechenfehler sind zu berichtigen bzw. muss das Angebot ausgeschieden werden);
- ob die Preise angemessen sind;
- ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.
Wenn die Preise bei der Prüfung unangemessen, weil z.B. ungewöhnlich niedrig, erscheinen, ist zusätzlich eine vertiefte Preisprüfung durchzuführen. Sollten die Preise dann nicht betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sein, ist das Angebot auszuscheiden.
Sollten Auftraggeber behebbare Mängel feststellen, so müssen sie den Bieter zur Aufklärung oder Behebung auffordern. Auch wenn es Unklarheiten geben sollte, ist der Bieter zur Aufklärung aufzufordern.
Der Einsatz von Subunternehmen erleichtert Einzelunternehmen und KMU den Zugang zu größeren öffentlichen Aufträgen. Bieter können fehlende Eignungen durch Subunternehmer erfüllen. Um sie einzusetzen, müssen sie diese bereits im Angebot nennen. Jedoch können Auftraggeber kritische Aufgaben festlegen, die vom Bieter selbst zu erbringen sind und daher nicht an Subunternehmer weitergegeben werden dürfen. Dann kann die Einordnung als Subunternehmer oder „bloßer“ Hilfsunternehmer entscheidend sein.
Ein Beispiel aus der Praxis (VwGH 22.03.2019, Ro 2017/04/0022)
Die ASFINAG schrieb einen Bauauftrag über Arbeiten zur Kanalsanierung aus und verlangte: „kritische Leistungen […] sind direkt vom Bieter/Mitglied einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft selbst oder von einem mit diesem verbundenen Unternehmen auszuführen“.
Eine Bietergemeinschaft legte ein Angebot, dem eine „Überlassungserklärung“ eines dritten Unternehmens angefügt war. Dort stand, dass dieses Unternehmen der Bietergemeinschaft bestimmte Baugeräte im Bedarfsfall zur Verwendung zur Verfügung stellen würde, bzw. dass das Personal zur Bedienung der Geräte im Bedarfsfall bereitstehe und bei einem der Unternehmen der Bietergemeinschaft in ein Arbeitsverhältnis eintreten werde. Die Bietergemeinschaft verfügte über verbindliche Zusagen von sechs Mitarbeitern des dritten Unternehmens für das gegenständliche Vergabeverfahren in ein Arbeitsverhältnis mit einem der Unternehmen der Bietergemeinschaft einzutreten. Die Bietergemeinschaft erhielt daraufhin den Zuschlag.
Eine unterlegene Bieterin ging dagegen vor und brachte den Fall bis zum VwGH. Sie berief sich im Wesentlichen darauf, dass diese Überlassungserklärung als Subunternehmererklärung zu qualifizieren sei und die Bietergemeinschaft die kritischen Leistungen entgegen der Ausschreibung nicht selbst ausführen würde. Dies diente dem VwGH als Anlass, eine klare Abgrenzung zwischen Subunternehmer und Hilfsunternehmer zu ziehen.
Was ist der Unterschied zwischen Subunternehmen und Hilfsunternehmen?
Ein Subunternehmer ist ein Unternehmer, der Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages ausführt. Die bloße Lieferung von (handelsüblichen) Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung. Der Subunternehmer stellt Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages – im Sinn der Herstellung eines Teilerfolgs – selbst her oder lässt sie unter seiner persönlichen Verantwortung ausführen.
Es muss kein direktes Vertragsverhältnis zwischen Subunternehmen und Auftragnehmer bestehen, daher sind auch Subunternehmerketten von der Definition des Subunternehmers erfasst.
Hingegen versetzen Hilfsunternehmen den Auftragnehmer lediglich in die Lage, den Auftrag zu erbringen (z.B. durch Wartung von Maschinen, Vermietung von Geräten Überlassung von Arbeitskräften). Sie sind keine Subunternehmen und führen selbst keine Teile es Auftrages durch.
Im Einzelfall muss zur Abgrenzung daher festgestellt werden, was zwischen dem Bieter und dem jeweiligen dritten Unternehmen konkret vertraglich vereinbart wurde. Dabei liegt ein Subunternehmervertrag vor, wenn das dritte Unternehmen die Herstellung eines Teilerfolges übernimmt.
Was wurde im konkreten Fall entschieden?
Die technische Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft war gewährleistet und das dritte Unternehmen nicht als Subunternehmer zu qualifizieren. Es handelte sich um ein Hilfsunternehmen, denn die Überlassung der Geräte war reine Miete, das Unternehmen führte keine Teile des Auftrages selbständig aus und es besaß keine Verfügungsgewalt über das Personal, das es der Bietergemeinschaft überlassen hat. Das Angebot der Bietergemeinschaft wurde somit zurecht nicht ausgeschieden.
Der Auftraggeber hat die Leistung erfolgreich ausgeschrieben, einige Angebote entgegengenommen und die Angebotsfrist ist abgelaufen. Als nächstes werden die Angebote geöffnet. Dabei müssen Auftraggeber einige Punkte beachten:
Wer ist beim Öffnen der Angebote dabei?
Sollten beim offenen und beim nicht offenen Verfahren Papierangebote eingebracht werden, müssen diese durch eine Kommission geöffnet werden. Sie muss aus mindestens zwei sachkundigen Vertretern des öffentlichen Auftraggebers bestehen. Das gilt aber nicht für Sektorenauftraggeber.
Der Auftraggeber kann beim offenen und beim nicht offenen Verfahren freiwillig eine Öffnung der Angebote unter Beteiligung der Bieter vornehmen. In diesem Fall ist allen Bietern die Möglichkeit zu bieten, an der Öffnung teilzunehmen.
Bei Verhandlungsverfahren gibt es keine formalisierte Angebotsöffnung. Die Ergebnisse der Öffnungen der Erstangebote und der Folgeangebote müssen geheim gehalten werden, um den Wettbewerb im Zuge der weiteren Verhandlungen mit den Bietern nicht zu behindern.
Wichtige Schritte vor dem Öffnen eines Angebotes
Vor dem Öffnen eines Angebotes muss festgestellt werden, ob das Angebot fristgerecht eingelangt ist. Bei Angeboten, die nach Ablauf der Angebotsfrist eingelangt sind, müssen Auftraggeber sie als verspätet eingelangt kennzeichnen. Sie dürfen sie nicht öffnen (ausgenommen dies ist zur Feststellung der Identität des Bieters für die Verständigung erforderlich) und nicht weiter behandeln.
- Manche elektronische Vergabesysteme, wie etwa auftrag.at, lassen eine verspätete Angebotsabgabe gar nicht zu. Dann können alle eingelangten Angebote nur fristgerecht sein und eine separate Prüfung erübrigt sich unter Hinweis auf die „Architektur“ des Vergabesystems.
Außerdem ist festzustellen, dass kein unbefugter Zugriff erfolgte bzw. bei Papierangeboten, ob es ungeöffnet ist.
Formalprüfung
Die geöffneten Angebote sind auf ihre Vollständigkeit und die Erfüllung der sonstigen Formerfordernisse gemäß den Anforderungen in der Ausschreibung zu prüfen.
Bei Papierangeboten sind alle bei der Öffnung des Angebotes vorliegenden Teile von der Kommission so eindeutig zu kennzeichnen, dass ein nachträgliches Auswechseln feststellbar wäre. Elektronisch erstellte und übermittelte Daten sind allgemein schon so zu speichern und zu kennzeichnen, dass eine nachträgliche Veränderung feststellbar ist (Integrität der Daten).
Das Protokoll
Der öffentliche Auftraggeber muss über die Öffnung der Angebote beim offenen und beim nicht offenen Verfahren ein Protokoll verfassen. Dieses Protokoll ist jedem Bieter zu übermitteln bzw. bereitzustellen. Für das Verhandlungsverfahren besteht zwar keine Protokollierungspflicht, ein internes Protokoll für den Vergabeakt ist aber empfehlenswert.
Nach Abschluss der Öffnung sind die Angebote so zu verwahren, dass sie Unbefugten unzugänglich sind.
Ist ein Unternehmer insolvent, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass er nicht ausreichend zuverlässig und (finanziell) leistungsfähig ist. Es stellt daher einen Ausschlussgrund im Vergabeverfahren dar, wenn über das Vermögen von Bewerbern oder Bietern ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder mangels kostendeckenden Vermögens die Eröffnung abgewiesen wurde. Auftraggeber können nur in Ausnahmefällen von einem Ausschluss vom weiteren Vergabeverfahren absehen.
Der maßgebliche Zeitpunkt
Eine Insolvenz von Bewerbern bzw Bietern wirken sich negativ auf deren Leistungsfähigkeit, einen Teilbereich der Eignung, aus. Für die Beurteilung dieses Ausschlussgrundes kommt es daher auf den gesetzlich festgelegten maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen der Eignung an. Abhängig von der Verfahrensart kann das der Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist, der Angebotsöffnung oder der Aufforderung zur Angebotslegung sein. Ein Insolvenzverfahren, das vor Bekanntmachung des Vergabeverfahrens beendet wurde, ist somit in keinem Fall schädlich.
Die Eignung muss zum maßgeblichen Zeitpunkt bestehen und darf auch danach nicht mehr verloren gehen – unabhängig davon, ob die Eignung zu einem späteren Zeitpunkt wiederauflebt. Dementsprechend stellt selbst ein vor der Zuschlagserteilung eröffnetes und wieder aufgehobenes Insolvenzverfahren einen Ausschlussgrund dar. Auftraggeber haben das Vorliegen der Eignung nur dann erneut nachzuprüfen, wenn sie konkrete Hinweise oder Kenntnis über den Verlust eines Eignungselements erlangen.
Für den Fall der Insolvenzeröffnung nach Zuschlagserteilung wird in manchen Verträgen ein Rücktritts- oder Vertragsauflösungsgrund vereinbart, wobei dies seit der Insolvenzrechtsnovelle 2010 nur noch eingeschränkt zulässig ist. Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens kann unter Umständen auch eine nachträgliche Vertragsänderung darstellen. Nachträgliche Vertragsänderungen sind jedoch aufgrund des Gleichbehandlungs-, Nichtdiskriminierungs- und Transparenzgebotes nur in ausgewählten Konstellationen zulässig.
Es ist zwischen unzulässigen wesentlichen und zulässigen unwesentlichen Änderungen zu unterscheiden. Eine nachträgliche Insolvenz stellt etwa dann eine zulässige unwesentliche Vertragsänderung dar, wenn im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung insolvente Auftragnehmer oder Betriebsteile aus der Masse erworben werden.
Als Nachweise für das Nicht-Vorliegen des Ausschlussgrundes können Auftraggeber einen Auszug aus der Insolvenzdatei oder gleichwertige Dokumente der zuständigen Behörde des Sitzstaates des Unternehmens verlangen.
Die Ausnahmen
Grundsätzlich sind Auftraggeber bei Vorliegen des Ausschlussgrundes verpflichtet, betroffene Bewerber oder Bieter aus dem Verfahren auszuscheiden. Sie können vom Ausschluss von Bewerbern bzw Bietern allerdings dann Abstand nehmen, wenn diese hinreichend nachweisen, dass ihre Leistungsfähigkeit für die Durchführung des Auftrages ausreicht. Das ist beispielsweise bei einem Lieferauftrag der Fall, wenn das Unternehmen den Liefergegenstand noch auf Lager hat und diesen auch liefern kannn. Das Absehen vom Ausschluss liegt in diesen Fällen im Ermessen der Auftraggeber.
Darüber hinaus können Auftraggeber aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses vom Ausschluss Abstand nehmen. Derartige Gründe liegen vor, wenn auf die Beteiligung des Unternehmens nicht verzichtet werden kann. Als Beispiel kann z.B. die dringend erforderliche Beschaffung eines Impfstoffes, welcher bloß bei dem insolventen Unternehmer in ausreichender Menge vorhanden ist, angeführt werden.
Im August 2022 ist nach mehr als zehn Jahren Verhandlungen die International Procurement Instrument (IPI) – Verordnung der EU in Kraft getreten. Sie hat das Ziel, den Zugang europäischer Unternehmen zu den Beschaffungsmärkten in Drittländern zu verbessern. Als ultimativen Schritt kann die Kommission Auftraggeber dazu verpflichten, Angebote aus Drittstaaten schlechter zu bewerten oder auszuschließen.
Die Idee dafür rührt aus der Tatsache, dass viele Drittstaaten wie zum Beispiel China ihren Beschaffungsmarkt viel restriktiver gestalten als die EU. Dadurch haben ihre Unternehmen einen freieren Zugang zum europäischen Beschaffungsmarkt als europäische Unternehmen im Drittstaat. Mit der IPI-Verordnung soll dieses Missverhältnis ausgeglichen werden.
Die IPI-Verordnung gilt nicht für Mitgliedstaaten des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) und anderer Handelsabkommen. Sie gilt auch nicht für die am wenigsten entwickelten Länder nach dem Allgemeinen Präferenzschema, die in Anhang IV der EU-Verordnung Nr. 978/2012 aufgeführt werden.
Untersuchungen, Verhandlungen und Zugangsbeschränkungen
Wenn ein Drittstatt diskriminierende Maßnahmen setzt, die den Zugang von Unionsunternehmen zum Beschaffungsmarkt behindern, darf die Europäische Kommission tätig werden. Sie untersucht die diskriminierenden Maßnahmen und führt neun Monate lang Verhandlungen mit dem betreffenden Drittstaat, um diese abzuschaffen. Sollte diese Zeit nicht für eine Einigung ausreichen, können nochmal fünf Monate angehängt werden.
Sollte die Kommission auch dann keine Einigung erzielen können, darf sie den Zugang von Unternehmen aus diesem Staat zum europäischen Beschaffungsmarkt durch eine „IPI-Maßnahme“ einschränken.
Verpflichtungen für Auftraggeber ab bestimmten Schwellenwert
Eine Zugangsbeschränkung in Form einer IPI-Maßnahme gilt nur bei einem geschätzten Wert über einem Schwellenwert, den die Kommission bei der jeweiligen Maßnahme festlegt. Bei Bauleistungen und Konzessionen muss der Schwellenwert mindestens 15 Millionen Euro, bei Waren und Dienstleistungen mindestens 5 Millionen Euro (jeweils ohne Mehrwertsteuer) betragen.
Als IPI-Maßnahme kann die Kommission Auftraggeber dazu verpflichten,
- bei Angeboten von Wirtschaftsteilnehmern aus dem betreffenden Drittland eine bestimmte Bewertungsanpassung vorzunehmen, oder
- Angebote von Wirtschaftsteilnehmern aus dem betreffenden Drittland auszuschließen.
Bei einer Bewertungsanpassung werden Angebote aus dem betroffenen Staat mit einem höheren Preis veranschlagt als der tatsächliche Preis. Die Anpassung gilt nur zum Zweck der Bewertung und Reihung der Angebote und beeinflusst nicht den Preis, der nachher tatsächlich zu bezahlen ist.
Eine IPI-Maßnahme läuft fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten aus und kann um fünf Jahre verlängert werden.
Ausnahmen für kleine Verwaltungseinheiten und Sonderfälle
Auftraggeber können in Ausnahmefällen beschließen, die IPI-Maßnahme nicht anzuwenden. Das ist möglich, wenn nur Angebote den Bedingungen der Ausschreibung entsprechen, die aus einem Drittland kommen, für das eine IPI-Maßnahme gilt. Ein weiterer Ausnahmegrund ist es, wenn es gerechtfertigt ist, die IPI-Maßnahme aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses (z.B. öffentliche Gesundheit, Umweltschutz) nicht anzuwenden.
Außerdem können Mitgliedstaaten beantragen, dass gewisse lokale öffentliche Auftraggeber von Verwaltungseinheiten mit weniger als 50.000 Einwohnern von den IPI-Maßnahmen ausgenommen werden.
Inhouse-Vergaben sind vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen. Das Bundesvergabegesetz normiert genaue Kriterien, wann so eine Vergabe vorliegt und somit von seinem Anwendungsbereich ausgenommen wird. Ein wesentliches Kriterium ist, dass der Auftraggeber einen ausschlaggebenden Einfluss auf die strategischen Ziele und die wesentlichen Entscheidungen des Auftragnehmers ausübt (Kontrollkriterium). Das geschieht meist durch Anteile am Unternehmen.
Bei Umstrukturierungen sollten Auftraggeber überprüfen, ob sie laufende Inhouse-Verträge neu ausschreiben müssen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich mit einem Fall beschäftigt, bei dem der Auftraggeber während der Vertragslaufzeit eines Inhouse-Auftrags die Kontrolle über den Auftragnehmer verloren hat. Im Mai 2022 entschied der EuGH, dass die Voraussetzungen für eine ausgenommene Inhouse-Vergabe während der gesamten Vertragslaufzeit vorliegen müssen. Sollte der Auftraggeber die Kontrolle über einen Inhouse Auftragnehmer verlieren, muss er den Auftrag neu ausschreiben.
Der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof (Rs C-719/20, Comune di Lerici)
Die italienische Gemeinde Lerici hatte 2005 ein Unternehmen (ACAM) inhouse mit der Abfallbewirtschaftung beauftragt, an dem sie gemeinsam mit anderen Gemeinden beteiligt war. Der Vertrag lief bis 2028. Im Zuge einer Umstrukturierung im Jahr 2013 übernahm ein börsennotiertes Unternehmen (IREN) im Rahmen einer Ausschreibung alle Anteile der Gemeinden an der Auftragnehmerin ACAM, darunter auch die Anteile der Gemeinde Lerici.
Nachdem die Zuständigkeit für die Abfallbewirtschaftung von der Gemeinde auf die Provinz überging, der die Gemeinde angehört, hat die Provinz die ACAM im Jahr 2018 wieder ohne Ausschreibung beauftragt. Die Gemeinde Lerici erhob daraufhin eine Klage, da wegen mangelnder Kapitalbeteiligung keine Inhouse-Vergabe möglich sei.
Der EuGH sah die Beauftragung von 2018 als bloße Fortsetzung des ursprünglichen Vertrages und befand die Fortführung des inhouse vergebenen Auftrags ohne Ausschreibung als rechtswidrig. Der öffentliche Auftraggeber sei nicht mehr am Auftragnehmer beteiligt und könne über diesen keine Kontrolle ausüben. Es hätten sich die grundlegenden Bedingungen des Inhouse-Auftrags geändert und eine Ausschreibung wäre daher erforderlich gewesen.
Der EuGH sieht auch keine Möglichkeit, dass der neue Auftragnehmer den Auftrag weiterführen könnte. Das sei nur bei Aufträgen möglich, die ursprünglich schon im Rahmen eines Vergabeverfahrens vergeben wurden. Für den EuGH änderte auch nichts, dass die IREN die Anteile des Auftragnehmers in einem Vergabeverfahren erworben hat.
Bei der Losvergabe müssen Auftraggeber für den geschätzten Auftragswert den Gesamtwert aller Lose heranziehen. Liegt der Gesamtwert über dem Schwellenwert, liegt die Auftragsvergabe im Oberschwellenbereich.
Losvergabe im Oberschwellenbereich
Liegen die summierten Werte der Lose über dem Schwellenwert, so müssen alle Lose im Oberschwellenbereich ausgeschrieben werden, selbst wenn der geschätzte Auftragswert des einzelnen Loses unter dem Schwellenwert liegt.
Es gibt eine Ausnahme: die Kleinlosregelung. Auftraggeber können einzelne Lose im Unterschwellenbereich ausschreiben. Der Gesamtwert all dieser Lose darf 20 Prozent des gesamten Auftragswertes nicht übersteigen. Je nach Auftragsart gelten verschiedene Grenzwerte für die einzelnen Lose, damit sie im Unterschwellenbereich vergeben werden können:
- Bei Bauaufträgen können Lose mit einem geschätzten Auftragswert von weniger als 1 Million Euro im Unterschwellenbereich vergeben werden.
- Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen können Lose mit einem geschätzten Auftragswert von weniger als 80.000 Euro im Unterschwellenbereich vergeben werden.
Diese Lose können dann entsprechend ihres jeweils geschätzten Auftragswertes im Unterschwellenbereich vergeben werden.
Losvergabe im Unterschwellenbereich
Wenn der Gesamtwert aller Lose unter dem Schwellenwert liegt, werden die einzelnen Lose nach den Regelungen des Unterschwellenbereichs vergeben. Für die Wahl des Verfahrens gilt der geschätzte Auftragswert des einzelnen Loses. Das bedeutet auch, dass ein Los im Wege der Direktvergabe vergeben werden kann, obwohl die Summe aller Auftragswerte über dem Schwellenwert für die Direktvergabe (und im Unterschwellenbereich) liegt.
Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen gibt es eine doppelte Beschränkung bei der Direktvergabe: Es können nur solche Lose direkt vergeben werden, deren geschätzter Auftragswert weniger als 50.000 Euro beträgt. Außerdem darf der kumulierte Wert der für die Direktvergabe ausgewählten Lose nicht 50 Prozent des Gesamtwertes aller Lose übersteigen.
Bei einer elektronischen Auktion werden die eingereichten Angebote wiederholt automatisch klassifiziert und gereiht. Damit können die BieterInnen die Rangfolge ihrer Angebote bzw. den aktuell niedrigsten Preis während der laufenden Auktion einsehen und entsprechend nachbessern. Je nach Art der elektronischen Auktion und der festgelegten Auktionsordnung laufen diese unterschiedlich ab.
Bevor eine Auktion durchgeführt werden kann, müssen die eingereichten Angebote geprüft und in einer ersten Runde bewertet werden. Nur BieterInnen, deren Angebote nicht bereits zu diesem Zeitpunkt ausgeschieden werden, werden zur Teilnahme an der elektronischen Auktion und zur Vorlage neuer Preise bzw. neuer Werte aufgefordert. Dieser Aufforderung ist das Ergebnis der ersten Angebotsbewertung der betreffenden BieterInnen anzuschließen. Die Auktion darf frühestens zwei Arbeitstage nach Absendung dieser Aufforderung beginnen und die Identität der BieterInnen wird bis zum Abschluss geheim gehalten.
Die Auktionsordnung
Jede elektronische Auktion muss einer Auktionsordnung unterliegen. Diese ist Teil der Ausschreibungsunterlagen und muss unter anderen diese Angaben beinhalten:
- Registrierungs- und Identifizierungserfordernisse,
- Angaben zur elektronischen Vorrichtung, mit der die Auktion durchgeführt wird,
- die Komponenten (Preis, sonstige Angebotsteile), deren Werte Gegenstand der Auktion sind,
- Angaben zum Ablauf der Auktion (Bedingungen, Mindestabstände der Angebotsabgabe etc.),
- Beginn und Modalität der Beendigung der Auktion (zu einem fixierten Zeitpunkt oder mit Ablauf einer bestimmten Zeitspanne, in der neue Angebote abgegeben werden müssen),
- Gegebenenfalls die Obergrenzen der zu auktionierenden Werte, Ausscheidensgründe, Termine und das Vadium,
- die Internetadresse, auf der das aktuell niedrigste Angebot bzw. die aktuelle Reihung der Teilnehmer bekannt gegeben wird,
- eine Beschreibung der Informationen, die während der Auktion übermittelt oder zur Verfügung gestellt werden.
AuftraggeberInnen können nach jeder Auktionsphase die Angebote jener TeilnehmerInnen ausscheiden, die keine neuen Angebote oder nur Angebote abgegeben haben, die das gegebenenfalls festgelegte Minimum der Angebotsstufen nicht erreicht oder überstiegen haben. Sie müssen die betroffenen TeilnehmerInnen unverzüglich über ihren Ausschluss verständigen.
Elektronische Auktionen: Billigst- oder Bestbieterprinzip
Es gibt die sogenannten „einfachen“ elektronischen Auktionen und die „sonstigen“ elektronischen Auktionen.
Bei den einfachen elektronischen Auktionen wird der Zuschlag dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt. Somit sind nur Angebote zum Preis zulässig. Während der Auktion müssen AuftraggeberInnen allen BieterInnen unverzüglich den aktuell niedrigsten Preis und die aktuelle Positionierung aller Angebote unter der in der Auktionsordnung festgelegten Internetadresse bekannt geben. Am Ende der Auktion müssen sie den Namen der erfolgreichen BieterInnen samt Auftragssumme unter der festgelegten Internetadresse bekannt geben.
Soll das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag erhalten, kann nur eine sonstige elektronische Auktion durchgeführt werden. Dafür müssen AuftraggeberInnen in der Aufforderung unter anderen jene mathematische Formel angeben, nach der die automatische Neureihung im Zuge der Auktion erfolgen wird. Aus dieser Formel muss insbesondere die Gewichtung der Zuschlagskriterien hervorgehen, die vorab in fixen Werten festzulegen sind. Während der Auktion ist allen BieterInnen unverzüglich die aktuelle Positionierung ihres Angebotes unter der festgelegten Internetadresse bekannt zu geben. Am Ende einer sonstigen elektronischen Auktion werden den unterlegenen BieterInnen zusätzlich zur Mitteilung des Namens des/der erfolgreichen BieterIn samt Auftragssumme auch die Gründe für die Ablehnung ihres Angebots mitgeteilt, sofern sie nicht bereits aufgrund der gemäß der Auktionsordnung zu übermittelnden bzw. bereitzustellenden Informationen unmittelbar ersichtlich sind.
Seit 1. Jänner 2023 müssen alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe neue verfassungsgesetzliche Transparenzvorgaben (Art. 20 Abs. 5 B-VG) einhalten. Sie müssen alle in Auftrag gegebenen Studien, Gutachten und Umfragen samt deren Kosten proaktiv veröffentlichen. Die Veröffentlichung kann zum Beispiel über die Website des jeweiligen Organs erfolgen.
Was wird veröffentlicht?
Es müssen Studien, Gutachten und Umfragen, die ab dem 1. Jänner 2023 beauftragt werden, samt deren Kosten veröffentlicht werden. Laut den parlamentarischen Materialien umfasst das jedenfalls von Dritten erbrachte entgeltliche Werke, die die Erbringung von geistigen Leistungen zum Inhalt haben. Dazu sollen unter anderen auch Leitbilder, Konzepte, Publikationen und Werbebroschüren zählen.
Studien, Gutachten und Umfragen, die vor dem 1. Jänner beauftragt wurden, müssen nicht veröffentlicht werden.
Ausnahme: Amtsverschwiegenheit
Die Verpflichtung gilt nicht, wenn die Gründe der Amtsverschwiegenheit dagegensprechen. Dabei ist etwa der Datenschutz oder das Urheberrecht von Betroffenen mit dem öffentlichen Interesse abzuwägen. Es ist auch eine teilweise Veröffentlichung möglich, z.B. durch Schwärzen. Da sich das Erfordernis der Geheimhaltung ändern kann, sollte das Vorliegen der Ausnahme laufend überprüft werden.
Im Unterschwellenbereich hat der Auftraggeber die Wahl zwischen der elektronischen Kommunikation, der Kommunikation über den Postweg oder einen anderen geeigneten Weg oder einer Kombination dieser Kommunikationswege.
Im Oberschwellenbereich hat die Kommunikation zwischen Auftraggeber und Unternehmer zwingend elektronisch zu erfolgen. Sollten Ausnahmen davon gemacht werden, muss der Auftraggeber dies im Vergabevermerk begründen. Die Pflicht zur elektronischen Kommunikation betrifft nicht die Kommunikation innerhalb der Sphäre des Auftraggebers – z.B. muss die Kommunikation zwischen Auftraggeber und einem von ihm hinzugezogenen Sachverständigen nicht elektronisch erfolgen. Auch die Kommunikation vor und nach dem Vergabeverfahren muss nicht elektronisch erfolgen (z.B. eine vorangehende Markterkundung).
Elektronische Kommunikation
Soweit die Kommunikation elektronisch erfolgt, muss der Auftraggeber in der Ausschreibung nähere Festlegungen hinsichtlich der zu beachtenden Anforderungen an die elektronische Kommunikation treffen. Die elektronische Kommunikation kann per E-Mail oder über eine eVergabeplattform erfolgen. Fax ist nicht zulässig.
Das Bundesvergabegesetz kennt bestimmte Ausnahmen, bei denen die Kommunikation nicht elektronisch erfolgen muss. Die Gründe für die Verwendung anderer Kommunikationsmittel sind im Vergabevermerk anzugeben. Das ist zum Beispiel, wenn die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel aufgrund der besonderen Art des Auftrages bzw. des Wettbewerbes besonders spezifische IT-Anforderungen erfordern würde, die nicht allgemein verfügbar sind oder in den Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen die Einreichung von physischen oder maßstabsgetreuen Modellen verlangt wird, die nicht elektronisch übermittelt werden können. Auch ein sehr hoher Schutzbedarf besonders sensibler Information kann ein Ausnahmegrund sein.
Im Rahmen der elektronischen Kommunikation kann bei minderbedeutenden Inhalten auch mündlich kommuniziert werden. Dies nur so weit, als diese keine wesentlichen Bestandteile des Vergabeverfahrens betrifft und ihr Inhalt ausreichend dokumentiert wird. Als wesentliche Bestandteile gelten jedenfalls die Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen, der Teilnahmeantrag, die Interessensbestätigung, das Angebot und die Wettbewerbsarbeit.
Die Kommunikationsmittel dürfen keinen diskriminierenden Charakter haben, müssen allgemein verfügbar sowie mit den allgemein verbreiteten IT-Ausstattungen kompatibel sein. Sie dürfen den Zugang des Unternehmers zum Vergabeverfahren nicht beschränken.