Bei einer Bekanntmachung handelt es sich um eine Veröffentlichung von Informationen zu einer Ausschreibung. Eine Bekanntmachung in Bekanntmachungsmedien dient der Publizität und somit der Transparenz und Gleichbehandlung des Bieterkreises. Grundsätzlich unterscheidet man mehrere Arten von Bekanntmachungen:

Hinweis: Während ein Oberschwellenauftrag europa- und österreichweit zu veröffentlichen ist, ist ein Unterschwellenauftrag nur national bekanntzumachen.

Europaweite Bekanntmachung

Für die unionsweite Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (Amtsblatt S oder ABl. S) hat der Auftraggeber Standardformulare zu verwenden. Die ausgefüllten Standardformulare werden dem Amt für Veröffentlichung elektronisch übermittelt. Der Auftraggeber kann dazu entweder die Formulare direkt auf der Homepage für Informationen über das öffentliche Auftragswesen in Europa (kurz SIMAP) ausfüllen oder er bedient sich einer als eSender anerkannten eVergabe-Plattform (wie z.B. lieferanzeiger.at), über die das Standardformular ausgefüllt wird. Die eVergabe-Plattform übernimmt sowohl die elektronische Übermittlung der Bekanntmachung an das Amt für Veröffentlichungen als auch die fristgemäße Bereitstellung aller Informationen in Österreich. Die Bekanntmachungen werden nach ihrem Eingang beim Amt für Veröffentlichungen innerhalb von fünf Tagen über die „Tenders Electronic Daily“ (TED) -Website (Online-Version des Amtsblatts der EU – Amtsblatt S) veröffentlicht.

Bekanntmachung in Österreich

Im Gegensatz zur unionsweiten Bekanntmachung, gab es in Österreich kein standardisiertes Format für die nationale Bekanntmachung im Unterschwellenbereich. Die Vorgaben für die nationale Bekanntmachung wurden allerdings mit 1. März 2019 geändert. Anstelle einer wie bisher erforderlichen Bekanntmachung eines Vergabeverfahrens in unterschiedlichen Publikationsmedien, erfolgt die nationale Bekanntmachung nunmehr gemäß dem Open Government Data-Modell in Form von offenen Datensätzen in dezentralen Datenkatalogen. Die nationale Bekanntmachung erfolgt durch die Bereitstellung der sogenannten Metadaten der Kerndaten von Vergabeverfahren auf data.gv.at durch den Auftraggeber. Metadaten beinhalten einen Link zum Ort, an dem Kerndaten bereitgestellt wurden. Kerndaten stellen die relevantesten Informationen wie z.B. Name des Auftraggebers, Auftragsart, Auftragsgegenstand etc. eines Vergabeverfahren dar. Zur Bereitstellung der Kerndaten kann sich der Auftraggeber einer eVergabe-Plattform bedienen, die die Verfügbarkeit der Metadaten (URL) und das richtige Format der maschinenlesbaren Kerndaten sicherstellt. Nimmt der Auftraggeber die Veröffentlichungen selbst vor, so muss er Metadaten auf data.gv.at bereitstellen und die Kerndaten auf einer Kerndatenquelle zur Verfügung stellen. Während die Metadaten über das Unternehmensserviceportal eingegeben werden können, liegt die Bereitstellung der Kerndaten auf seiner Kerndatenquelle im Bereich des Auftraggebers.

Eine Besonderheit besteht für Bekanntmachungen von Vergaben im Bereich Verteidigung und Sicherheit. Demnach sind Bekanntmachungen, die Leistungsvergaben im Vollziehungsbereich des Bundes betreffen, nach der Publikationsmedienverordnung Verteidigung und Sicherheit 2019 jedenfalls in der Online-Ausgabe des Amtlichen Lieferungsanzeigers zu veröffentlichen. Bekanntmachungen sind der Wiener Zeitung GmbH über lieferanzeiger.at zu übermitteln und erscheinen sowohl online als auch in der Printausgabe des „Amtsblattes zur Wiener Zeitung“. Die Wiener Zeitung GmbH hält die Online-Ausgabe des Amtlichen Lieferungsanzeigers in strukturierter Form zur Abfrage bereit.

Nachweise: das sind die vermeintlich einfachen Dinge, die ein Bieter zu Beginn von Vergabeverfahren im Zuge der sogenannten Eignungsprüfung liefern muss, die aber leider oft zur Fehlerquelle für BieterInnen werden. Im schlechtesten Fall kann das zum Ausschluss aus einem Vergabeverfahren führen. Digitale Plattformen wie Auszug.at können hier helfen Nachweise schnell zu organisieren.

Drum prüfe wer sich binde

Im Rahmen der sogenannten Eignungsprüfung prüfen AuftraggeberInnen, ob die teilnehmenden UnternehmerInnen die erforderliche Befugnis (wie z.B. Gewerbeberechtigung) haben, ob sie zuverlässig sind (keine strafrechtlichen Verurteilungen, keine Abgabenrückstände, keine Insolvenz, etc.) und ob sie in wirtschaftlicher sowie auch technischer Hinsicht leistungsfähig genug sind.

Solange es sachlich gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, haben AuftraggeberInnen einen Ermessensspielraum, welche Anforderungen sie an die Eignung stellen, die sie prüfen. Trotzdem sind es in der Praxis immer wieder dieselben Nachweise, die im Rahmen von Eignungsprüfungen von BieterInnen verlangt werden.

Oft gehören dazu Referenzen, ein vorgegebener Mindestjahresumsatz, eine Mindest-Eigenkapitalquote, aufrechte Betriebshaftpflichtversicherungen, Bonitätsauskünfte, Muster oder qualifiziertes Personal. Aber auch Dokumente wie Firmenbuchauszüge, Gewerbeberechtigungen oder Jahresabschlüsse werden immer wieder verlangt.

Auch wenn mittlerweile viele AuftraggeberInnen erlauben, dass die vorläufige Eignung ohne einzelne Nachweise durch sogenannte Eigenerklärungen nachgewiesen werden können, sind dann in späteren Phasen der Ausschreibung trotzdem immer die entsprechenden Nachweise zu liefern.

Stressfaktor Nachweise

Das Organisieren dieser Dokumente wird von BieterInnen oft als das einfachste ToDo im Rahmen des oft stressigen und zeitlich knappen Prozesses der Bearbeitung einer Ausschreibung eingeschätzt. Andere Anforderungen der Ausschreibungsbeantwortung, wie z.B. das Liefern von Referenzprojekten, die allen Anforderungen entsprechen, stehen hier aufgrund des höheren Arbeitsaufwands und der Komplexität mehr im Fokus.

Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen, kann es bei den vermeintlich leicht zu erbringenden Nachweisen von Dokumenten wie dem Firmenbuchauszug oder der Gewerbeberechtigung zu Problemen oder gar zu formalen Fehlern kommen, die im schlechtesten Fall zum „Durchfallen“ von BieterInnen bei der Eignungsprüfung führen.

Ein häufiger Fehler von BieterInnen ist dabei, die Anforderung nach einer gewissen Aktualität („der zu liefernde Firmenbuchauszug darf nicht älter als 6 Monate sein“) zu übersehen.

Bei kleineren Unternehmen oder bei BieterInnen, die vielleicht das erste Mal bei einer Ausschreibung teilnehmen, sind Firmenbuchauszug oder Gewerbeberechtigung gar nicht standardmäßig für den schnellen internen Zugriff abgelegt, oder es ist vielleicht der/die zuständige Kollegin/Kollege gerade auf Urlaub.

Danke Digitalisierung

Die Digitalisierung macht hier den Unternehmen seit einiger Zeit das Leben leichter. Früher mussten BieterInnen noch zu den jeweiligen Landesgerichten oder Gewerbebehörden pilgern, um einen aktuellen Firmenbuchauszug oder einen Nachweis der Gewerbeberechtigung zu bekommen.

Mittlerweile kann das jeder schnell und unkompliziert auf verschiedenen Online-Plattformen erledigen. Viele davon bieten aber nur die Möglichkeit einen bestimmten Nachweis zu bekommen, d.h. mitunter müssen BieterInnen mehrere Plattformen nutzen, um alle Nachweise für die Eignungsprüfung einer Ausschreibung zu organisieren.

Auszug.at – die Plattform für den schnellen Nachweis

Hier können Plattformen wie Auszug.at noch besser helfen. Auf Auszug.at, als Plattform der Wiener Zeitung Mediengruppe die „Schwester-Plattform“ von auftrag.at, können an einem Ort viele amtliche Auszüge als Nachweise für Ausschreibungen on demand, einfach und unkompliziert abgefragt werden.

Firmenbuchauszüge und Grundbuchauszüge können über Auszug.at in verschiedenen Varianten schnell abgefragt werden.

Da alle Auszüge als signierte PDF-Dokumente bezogen werden können, sind diese als Nachweise zum Nachweis der Eignung im Rahmen von Ausschreibungen formell geeignet.

Und dass solche Abfragen ganz schnell, auch ohne Registrierung, durchgeführt und online bezahlt werden können, macht Auszug.at zur perfekten Helferin für BieterInnen um Fehler und Stress beim Organisieren von Nachweisen zu vermeiden.

Um eine ordnungsgemäße Leistungserbringung sicherzustellen, dürfen Aufträge nach dem Bundesvergabegesetz nur an geeignete Unternehmer vergeben werden. Auftraggeber haben daher im Rahmen des Vergabeverfahrens zu prüfen, ob die teilnehmenden Unternehmen zuverlässig, befugt und leistungsfähig sind.

Insbesondere haben sie zu überprüfen, ob die Unternehmen einen der gesetzlich festgelegten Ausschlussgründe erfüllen. Ist dies der Fall, haben Auftraggeber – sofern kein Ausnahmefall vorliegt – betroffene Unternehmen zwingend und zu jedem Zeitpunkt vom Verfahren auszuschließen. Im Sektorenbereich ist ein zwingender Ausschluss nur bei Vorliegen bestimmter Straftatbestände vorgesehen.

Zur Prüfung des Vorliegens eines Ausschlussgrundes können Auftraggeber von den Unternehmen die Vorlage bestimmter Nachweise verlangen. In Frage kommen etwa Strafregisterbescheinigungen, Auszüge aus der Insolvenzdatei oder dem Firmenbuch oder eine Rückstandsbescheinigung des Finanzamts. Manche Nachweise können Auftraggeber auch selbst abrufen – z.B. einen Gewerberegisterauszug über die kostenlos zugängliche GISA-Datenbank.

Die elf Ausschlussgründe

Die Ausschlussgründe sind im Gesetz abschließend aufgezählt und können weder eingeschränkt noch erweitert werden:

  1. Rechtskräftige Verurteilung hinsichtlich bestimmter Straftatbestände: Dazu zählen z.B. die Mitgliedschaft bei einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung, Bestechlichkeit, Vorteilsannahme, Bestechung, Vorteilszuwendung, Untreue, Geschenkannahme, Förderungsmissbrauch und Geldwäscherei.

  2. Insolvenz oder die Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens: Auftraggeber haben die Möglichkeit vom Ausschluss Abstand zu nehmen, wenn die Leistungsfähigkeit von Unternehmen für die Durchführung des konkreten Auftrages ausreicht.

  3. Liquidation oder Einstellung des Gewerbebetriebes: Auch in diesem Fall können Auftraggeber vom Ausschluss absehen, wenn die Leistungsfähigkeit der Unternehmern für die Durchführung des konkreten Auftrages ausreicht.

  4. Nachteilige und wettbewerbsverzerrende Abreden zwischen Unternehmen: Abreden, die gegen die guten Sitten verstoßen und für Auftraggeber nachteilig sind sowie Abreden, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbes abzielen, stellen einen Ausschlussgrund dar. Für den Ausschluss genügen hinreichend plausible Anhaltspunkte wie etwa auffällige Parallelitäten verschiedener Angebote.

  5. Vorliegen einer schweren Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit: Dazu zählen insbesondere ein Verstoß gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial- oder Umweltrechtes (z.B. Schwarzarbeit). Es obliegt Auftraggebern, die Verfehlung von Unternehmern nachzuweisen.

  6. Nichtentrichtung fälliger Sozialversicherungsbeiträge, Steuern und Abgaben: Auftraggeber dürfen Unternehmen nicht ausschließen, wenn sie der Zahlung nachgekommen sind oder eine diesbezügliche verbindliche Vereinbarung eingegangen sind, es sich um nur geringfügige Rückstände (einzelfallabhängig) handelt oder der Ausschluss aus anderen Gründen offensichtlich unverhältnismäßig wäre. Außerdem müssen Auftraggeber Unternehmen die Möglichkeit geben, nachzuweisen, dass sie Maßnahmen ergriffen haben, um die künftige Begehung entsprechender Verfehlungen zu verhindern (Selbstreinigung).

  7. Bestehen eines Interessenkonflikts: Dieser liegt etwa dann vor, wenn Mitarbeiter von Auftraggebern oder vergebenden Stellen ein persönliches Interesse an einem bestimmten Verlauf oder am Ausgang des Vergabeverfahrens hat und somit nicht unparteilich und unabhängig handelt. Auftraggeber müssen zunächst versuchen, den Konflikt durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen zu vermeiden. Nur wenn das nicht möglich ist, müssen sie Unternehmen vom Verfahren ausschließen.

  8. Vorliegen einer Wettbewerbsverzerrung aufgrund der Beteiligung von Unternehmen an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens (Vorarbeitenproblematik).

  9. Vorliegen von erheblichen oder dauerhaften Mängeln bei früheren Aufträgen: Dieser Tatbestand ist erfüllt, wenn Unternehmen bei der Erfüllung einer wesentlichen Anforderung im Rahmen eines früheren Auftrages oder Konzessionsvertrages erhebliche oder dauerhafte Mängel erkennen ließ, die die vorzeitige Beendigung des Vertrages, Schadenersatz oder andere vergleichbare Sanktionen zur Folge hatten. Auch hier stehen Unternehmen die Möglichkeit der Selbstreinigung offen.

  10. Schwerwiegende Täuschung bei der Erteilung von Auskünften, die Nichterteilung von Auskünften und nicht vollständige Vorlage oder Erläuterung von Eignungsnachweisen.

  11. Versuch der Beeinflussung des Vergabeverfahrens zur Vorteilserlangung und irreführende Informationsübermittlung: Unternehmen sind vom Verfahren auszuschließen, wenn sie versuchen, die Entscheidungsfindung von Auftraggebern in unzulässiger Weise zu beeinflussen oder vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die sie unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnten.

Unternehmen sind darüber hinaus auszuschließen, wenn sie fahrlässig irreführende Informationen an Auftraggeber übermitteln oder versucht haben, solche Informationen zu übermitteln.

Unter bestimmten Voraussetzungen können Auftraggeber – wie bereits bei einigen Tatbeständen angedeutet – trotz Vorliegen eines Ausschlussgrunds vom Ausschluss eines konkreten Unternehmers absehen.

Das Bundesvergabegesetz verpflichtet den Auftraggeber, dem Unternehmer in bestimmten Fällen die Eignung abzusprechen und ihn vom Verfahren auszuschließen. Diese sogenannten Ausschlussgründe beziehen sich insbesondere auf die berufliche Zuverlässigkeit (z.B. Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung hinsichtlich ausgewählter Straftatbestände) und die Leistungsfähigkeit des Unternehmers (wie z.B. bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens).

Auch das Vorliegen einer schwerwiegenden Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit – wie ein Verstoß gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial- oder Umweltrechtes – oder die Beteiligung an wettbewerbsverzerrenden Bieterabsprachen fallen unter die vergaberechtlichen Ausschlussgründe.
Es gibt jedoch Ausnahmefälle, in denen der Auftraggeber trotz Vorliegen eines Ausschlussgrunds vom Ausschluss eines konkreten Unternehmers absehen kann. Die Ausnahmen beziehen sich entweder auf einzelne oder auf alle Ausschlussgründe.

Ausnahmen, die sich auf alle Ausschlussgründe beziehen

Unabhängig vom konkreten Ausschlussgrund kann der Auftraggeber vom Ausschluss eines konkreten Unternehmers absehen, wenn ein „begründeter Ausnahmefall“ vorliegt und auf die Beteiligung des Unternehmers aus „zwingenden Gründen des Allgemeininteresses“ nicht verzichtet werden kann.

Die Ausnahmebestimmung ist eng auszulegen. Anwendbar ist sie z.B. in Fällen, in denen die im Allgemeininteresse liegenden Bereiche der öffentlichen Gesundheit oder des Umweltschutzes betroffen sind. Der Auftraggeber kann gemäß den Gesetzesmaterialien zum Bundesvergabegesetz etwa dann von einem Ausschluss absehen, wenn dringend eine bestimmte Menge an Impfstoff beschafft werden muss, der Impfstoff aber nur bei einem Unternehmer lagernd ist, der wegen Bestechung verurteilt wurde. Die endgültige Entscheidung über das Absehen vom Ausschluss liegt in diesen begründeten Ausnahmefällen beim Auftraggeber.

Ausnahmen bei Insolvenz, Liquidation oder Gewerbeeinstellung

Im Falle der Insolvenz, der Liquidation oder der Einstellung der gewerblichen Tätigkeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass dem betroffenen Unternehmer die für einen Auftrag erforderliche Leistungsfähigkeit fehlt.
Der Unternehmer kann jedoch trotz des Vorliegens eines dieser Ausschlussgründe glaubhaft machen, dass seine Leistungsfähigkeit für die Durchführung des konkreten Auftrags ausreicht. Auch in diesen Fällen liegt es im Ermessensspielraum des Auftraggebers, ob er den Unternehmer letztendlich vom Vergabeverfahren ausschließt oder nicht.

Ausnahmen bei unbezahlten Sozialversicherungsbeiträgen, Steuern und Abgaben

In folgenden Fällen betreffend die Nichtentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge bzw. der Steuern und Abgaben muss der Auftraggeber von einem Ausschluss des Unternehmers absehen (kein Ermessensspielraum):

Ob ein Rückstand geringfügig ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Bei der Beurteilung spielt z.B. der Zeitpunkt des Entstehens des Rückstands (laufendes oder länger zurückliegendes Quartal) und die Höhe des Rückstands in Bezug auf das konkrete Unternehmen bzw. dessen Umsatz eine Rolle.
Offensichtlich unverhältnismäßig wäre ein Ausschluss etwa dann, wenn der Unternehmer über die ausständigen Beträge erst so spät informiert wurde, dass er keine Möglichkeit hatte, die Beiträge rechtzeitig zu entrichten.

Eine Auftraggeberin gab in der Bekanntmachung über die Beschaffung von „Sanitärmaterial“ (Seifenspender, etc) einen falschen CPV-Code an, nämlich jenen für „Sanitärerzeugnisse“ (Waschbecken, etc). Der VwGH leitete daraus die Rechtswidrigkeit des gesamten Vergabeverfahrens ab. Worauf Sie bei der Wahl des richtigen CPV-Codes aufpassen müssen.

Rechtlicher Kontext

Auftraggeberinnen haben bei der Durchführung von Vergabeverfahren und bei der Erstellung von Statistiken zwingend die jeweils aktuellen Bezeichnungen und Codes des Common-Procurement-Vocabulary – kurz CPV – zu verwenden, insbesondere bei der Erstellung von Bekanntmachungen und bei der Beschreibung des Auftragsgegenstands (§§ 30 und 202 BVergG). Dabei handelt es sich um ein Klassifikationssystem der verschiedenen Auftragsgegenstände basierend auf der VO (EG) 2195/2002. Die CPV-Codes sind eine Zahlenabfolge und werden wie folgt unterteilt (Bsp. Sanitärerzeugnisse):
xyz-600x294

Ausgangssachverhalt

Eine Auftraggeberin führte im Oberschwellenbereich ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung durch. Der Leistungsgegenstand war laut Ausschreibungsunterlagen die Zurverfügungstellung, Montage, Wartung, Reparatur und/oder Austausch von Papierhandtuchspendern, Seifenspendern und WC-Duftspendern samt Lieferung der dazugehörigen Verbrauchsmaterialien. Die Bezeichnung des Auftrags in der Auftragsbekanntmachung lautete „Sanitärmaterial“ und die Kurzbeschreibung des Auftrags: „Lieferung unterschiedlicher Sanitärmaterialien, Spender für diese Materialien und die Wartung bzw Reparatur der Spender, sowie deren Austausch im Bedarfsfall“. Die Auftraggeberin wählte den CPV-Code 44411000 (Sanitärerzeugnisse), der als Präzisierungen Produkte wie Wasserhähne, Badewannen, Waschbecken, WCs etc beinhaltet. Der Abschluss der Rahmenvereinbarung wurde anschließend bekannt gegeben, wobei hierfür die Daten aus der Auftragsbekanntmachung übernommen wurden

Entscheidungen BVwG und VwGH

Die Antragstellerin begehrte die Feststellung der rechtswidrigen Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung. Es liege aufgrund der erheblichen Abweichung des tatsächlichen Auftragsgegenstands (Hygieneartikel) und des gewählten CPV-Codes für Sanitärerzeugnisse keine rechtswirksame Bekanntmachung vor. Das BVwG folgte der Ansicht der Antragstellerin und stellte aufgrund der Wahl des falschen CPV-Codes die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung fest. Dabei stützte sich das BVwG auf die Rechtsprechung zur Auslegung von Willenserklärungen (z.B. Bekanntmachungen) und den dabei maßgeblichen objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen und gewöhnlich sorgfältigen Bieter. Ein solcher Bieter werde sich nämlich stets am CPV-Code orientieren und hätte im gegenständlichen Fall aufgrund der Bezeichnung „Sanitärmaterial“ in Kombination mit dem gewählten CPV-Code eine Beschaffung von unter diesen CPV-Code fallenden Leistungen angenommen (somit Wasserhähne, Badewannen, Waschbecken etc).

Der VwGH bestätigte die Rechtsauffassung des BVwG. Bei der Frage, ob ein konkreter Leistungsabruf in der Rahmenvereinbarung Deckung findet, sei auf die Bekanntmachung bzw. die bekannt gemachten Unterlagen abzustellen. „Aus Sicht des rechtsschutzsuchenden Unternehmens macht es nämlich keinen Unterschied, ob der Auftraggeber ein Verfahren gänzlich ohne Bekanntmachung durchführt oder ob sich der Auftraggeber bei einer Leistungsvergabe formal auf eine zuvor erfolgte Bekanntmachung beruft, diese aber keine Anhaltspunkte für die Vergabe des späteren Leistungsgegenstands lieferte. Die Angaben in der Bekanntmachung sollen es potentiellen Interessenten gerade ermöglichen, zu prüfen, ob ein bestimmtes Vergabeverfahren für sie von Interesse sein kann.“ Auf den Umstand, dass sich die Kurzbeschreibung des Auftrags in der Auftragsbekanntmachung mit dem tatsächlichen Leistungsgegenstand deckte, ging der VwGH nicht näher ein.

Fazit

Ein zu Beginn eines Vergabeverfahrens sorglos gewählter CPV-Code kann bis zu sechs Monate nach Bekanntgabe des vergebenen Auftrags mittels eines Feststellungsantrags aufgegriffen werden und allenfalls die Nichtigkeit des Vertrags begründen.
Auftraggeber sollten daher die Wichtigkeit der Wahl des richtigen CPV-Codes nicht verkennen. Denn ein trivialer Fehler kann die Nichtigkeit eines ansonsten korrekt durchgeführten Vergabeverfahrens bewirken. Wie wissenschaftliche Studien verdeutlichen, besteht diesbezüglich großer Handlungsbedarf bei einigen Auftraggebern.

Ein öffentlicher Auftraggeber kann zur Vorbereitung einer möglichen zukünftigen Auftragsvergabe Marktkonsultationen durchführen. Die vorherige Markterkundung erfolgt noch bevor eine tatsächliche Vergabeabsicht besteht.

Im Zuge der vorherigen Markterkundung kann der Auftraggeber jene Daten sammeln, die zur Herstellung der Ausschreibungsreife eines geplanten Vorhabens erforderlich sind. Die vorherige Markterkundung dient dazu, dass der öffentliche Auftraggeber mit potentiell an der Ausschreibung interessierten Unternehmen in Kontakt treten und sich so einen Überblick über den Markt verschaffen kann. Auftraggeber können Unternehmen bereits über Pläne und Anforderungen einer möglichen Ausschreibung informieren. Im Rahmen einer vorherigen Markterkundung ist auch die Erstellung von Machbarkeitsstudien oder Kalkulationen möglich. Bei der Durchführung der vorherigen Markterkundgung kann sich der Auftraggeber von unabhängigen Sachverständigen (wie z.B. Architektinnen, Ziviltechnikerinnen, Rechtsanwältinnen, Consulting-Unternehmen) beraten lassen.

Markterkundungen klar deklarieren

Auftraggeber müssen bei der Durchführung einer vorherigen Markterkundung klar zum Ausdruck bringen, dass sie nur Markterkundungen durchführen wollen und kein Vergabeverfahren einleiten möchten. Daher sind solche Handlungen zu vermeiden, die von den Unternehmen als Einleitung oder Teil der Durchführung eines Vergabeverfahrens verstanden werden könnten. Solche Handlungen könnten z.B. Preisverhandlungen oder eine Einforderung von Angeboten sein.

Tipp: Die Markterkundung sollte hinreichend dokumentiert werden und bei Durchführung eines anschließenden Vergabeverfahrens auch in den Vergabeakt aufgenommen werden.

Vorbereitung für die Ausschreibung

Die vom Auftraggeber im Rahmen der Markterkundung eingeholten Informationen dürfen für die Vorbereitung der Ausschreibung verwendet werden. Bei der Verwendung der eingeholten Informationen ist jedoch folgendes zu beachten:

Beratungen des Auftraggebers im Wege einer vorherigen Erkundung des Marktes sind dann Vorarbeiten, wenn das Unternehmen durch die Unterstützung des Auftraggebers erhebliche Wissens- und Zeitvorsprünge erlangt hat, die es dann in einem anschließenden Vergabeverfahren nutzen kann. Führt eine solche vorbereitende Tätigkeit des Unternehmens zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung und hat der Auftraggeber auch keine Maßnahmen gesetzt, um eine solche Wettbewerbsverzerrung zu verhindern, ist das vorarbeitende Unternehmen zwingend von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen.

Vorarbeit als Nachteil?

Das vorarbeitende Unternehmen ist allerdings dann nicht auszuschließen, wenn der öffentliche Auftraggeber Vorkehrungen getroffen hat, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Dafür können z.B. folgende Möglichkeiten in Betracht kommen:

Tipp: Der Auftraggeber sollte die gesetzten Maßnahmen im Vergabevermerk dokumentieren. Die Dokumentation sollte jedenfalls enthalten, welche Gefahr der Wettbewerbsverzerrung gegeben war, welche Maßnahmen zur Neutralisierung des Wettbewerbsvorteils des vorarbeitenden Unternehmens in Frage kamen und welche konkreten Maßnahmen ergriffen wurden.

Der erste Teil unserer Tipps für Unternehmer, die Angebote bei öffentlichen Ausschreibungen abgeben (wollen):

Wo finde ich Ausschreibungen?

Alle in Österreich veröffentlichten Ausschreibungen sind zentral im Unternehmerserviceportal auffindbar. Sie erhalten aber keine Mitteilung über neue Ausschreibungen. Über Vergabeplattformen, wie z.B. auftrag.at, können Sie auch neue Ausschreibungen finden. Der Vorteil dabei ist, dass Sie über individuell einstellbare Suchprofile zu den passenden Ausschreibungen kommen und auch über neue Ausschreibungen per E-Mail informiert werden.

Tipp: Bei den Suchprofilen können Sie z.B. die CPV-Codes angeben. Arbeiten Sie aber auch mit Suchwörtern, um Einschränkungen der Ergebnisse zu verhindern. Es kann nämlich sein, dass Auftraggeber andere CPV-Codes verwenden.

Welche Vorbereitungen können getroffen werden?

Bevor Sie eine konkrete Ausschreibung gefunden haben, an der Sie teilnehmen wollen, können Sie bereits bestimmte Vorbereitungen treffen. In den Ausschreibungsunterlagen werden zum Nachweis der Eignung typischerweise insbesondere folgende Unterlagen verlangt: Strafregisterbescheinigungen, Firmenbuchauszug, Auszug aus dem Gewerberegister, Bonitätsauskünfte etc. Solche Unterlagen können bereits vorab organisiert werden, damit sie bei Bedarf schnell griffbereit sind.

Tipp: Achten Sie bitte auf die Aktualität der Nachweise. In den Ausschreibungsunterlagen ist es üblicherweise vorgesehen, dass die Nachweise nicht älter als z.B. sechs Monate sein dürfen.

Wie gehe ich vor, wenn ich eine Ausschreibung gefunden habe?

Wenn Sie sich als Unternehmer entscheiden, an einer öffentlichen Ausschreibung teilzunehmen, lesen Sie sich zu Beginn die Ausschreibungsunterlagen genau durch.
Bei der Erstellung Ihres Angebotes sind nämlich die Vorgaben in den Ausschreibungsunterlagen einzuhalten. Die Ausschreibungsunterlagen können z.B. vorsehen, dass Angebote nur für bestimmte Leistungsteile angegeben werden können (so genannte Losvergabe). Wenn eine Losvergabe nicht vorgesehen ist, müssen sich Angebote auf die ausgeschriebene Gesamtleistung beziehen.

In der Regel gibt es bei Ausschreibungsunterlagen mehrere Dokumente. Das ist häufig ein Dokument für den Ablauf des Vergabeverfahrens („Ausschreibungsunterlage“ oder „Verfahrensbedingungen“), eine Leistungsbeschreibung, ein Vertragsdokument sowie die Formblätter für die Angebotslegung. Besondere Beachtung sollten Sie dem Dokument über den Ablauf des Vergabeverfahrens schenken, denn hier stehen die entscheidenden Regelungen dafür, wie Bieter zum Auftrag kommen.

Tipp: Stellen Sie bei Unklarheiten rechtzeitig Fragen an die Auftraggeberin! Werden die Ausschreibungsunterlagen nicht angefochten, präkludieren sie und sind bis zum Ende des Vergabeverfahrens für Auftraggeber und Bieter verbindlich.

Was passiert, wenn ein Auftraggeber einen Auftrag vergeben möchte, der Elemente verschiedener Auftragsarten (Bau-, Liefer- und Dienstleistungen beinhaltet (sogenannte „gemischte Aufträge“)?

Die Vergabe von gemischten Aufträgen ist selbstverständlich möglich und in der Praxis eine überaus häufige Auftragskonstellation. Oft enthält ein Auftrag neben Liefer- auch Dienstleistungskomponenten oder sind z.B. bei einem Bauauftrag auch Planungsleistungen erforderlich. Allerdings muss der gesamte zu vergebende Auftrag entweder als Bau-, Liefer-, oder Dienstleistungsauftrag kategorisiert werden. Beim Zusammentreffen verschiedener Auftragsarten sieht das Bundesvergabegesetz (BVergG) besondere Abgrenzungs- und Zuordnungsregeln vor:

Die Grundregel – main object test

Bei Zusammentreffen von Bauleistungen mit anderen Auftragsarten (Dienstleistungen und/oder Lieferungen), ist der Auftrag nach den Regelungen jener Auftragsart zu vergeben, die den Hauptgegenstand des Auftrages bildet.
Der Hauptgegenstand ist im Rahmen einer objektiven Prüfung des Gesamtvorhabens zu bestimmen. Dabei ist auf die wesentlichen, vorrangigen Verpflichtungen abzustellen, die den Leistungsgegenstand prägen. Der jeweilige Wert der zu erbringenden Einzelleistungen ist nur eines von mehreren zu berücksichtigenden Kriterien und nicht allein ausschlaggebend.

Beispiel: Die Vergabe eines Auftrages, der die gleichzeitige Ausführung eines Bauvorhabens (Bauleistung) und der kleinere laufende Instandhaltungs- und -setzungsarbeiten mit geringer technischer Komplexität (Dienstleistung) umfasst, ist als Bauauftrag zu qualifizieren, wenn hauptsächlich Bauleistungen im Rahmen des Leistungsvertrags erbracht werden.

Wertmäßigkeit geht vor – main value test

Im Falle eines gemischten Auftrages, der nur Lieferungen und Dienstleistungen umfasst, bestimmt sich der Hauptgegenstand allein nach dem wertmäßigen Überwiegensprinzip. Das bedeutet, dass Aufträge, die sowohl Lieferungen als auch Dienstleistungen umfassen als Dienstleistungsaufträge gelten, wenn der geschätzte Wert der Dienstleistungen höher ist als der geschätzte Wert der Waren und umgekehrt.

Hinweis: Das BVergG umfasst als Lieferauftrag auch Nebenarbeiten, wie das Verlegen oder die Installation. Aus diesem Grund kann also ein Lieferauftrag auch Dienstleistungselemente beinhalten, ohne dass diese selbst als Dienstleistungsaufträge einzuordnen wären. Eine Abgrenzung anhand des main value tests ist nur notwendig, wenn das Ausmaß der Dienstleistung über die Qualifikation als Nebenarbeit hinausgeht.

Das wertmäßige Überwiegensprinzip gilt auch im Fall des Zusammentreffens von besonderen Dienstleistungen (z.B. Dienstleistungen im Sozial- und Gesundheits- oder Bildungsbereich gemäß Anhang XVI zum BVergG) und anderen (allgemeinen) Dienstleistungen. Solche gemischten Aufträge sind nach den Regelungen für besondere Dienstleistungen zu vergeben, wenn der geschätzte Wert der besonderen Dienstleistungen höher ist als jener der (allgemeinen) Dienstleistungen.

Das Angebot einer Bieterin war mit null Euro ausgepreist. Die Auftraggeberin sah darin einen Widerspruch zu den Bestimmungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge und schied den Bieter aus. Zu Unrecht, stellte der EuGH fest und erklärte, wie Auftraggeberinnen bei Null-Euro-Positionen vorgehen müssen.

Rechtlicher Kontext

Wie ist damit umzugehen, wenn eine Preisposition mit null Euro ausgefüllt wird („Null-Positionen“)? Die Judikatur in Österreich ist unterschiedlich und kasuistisch. Während auf Bundesebene ein auffallend formalistischer Zugang gewählt wird und rasch auf einen Widerspruch zur Ausschreibung geschlossen wird (BVA 03.09.2004, 10N-57/04–34) und BVA 21.04.2011, N/0020-BVA/09/2011-28, BVwG 30.01.2019, BVwG W138 2210940-1), sehen die Landes-Vergabekontrollbehörden immer wieder die Möglichkeit der Plausibilisierung von Null-Positionen (insbesondere im Zusammenhang mit Preisverschiebungen, siehe zB UVS Tirol 18.09.2007, 2007/K9/1904-7, UVS Vorarlberg 08.11.2012, UVS-314–008/E 4–2012, LVwG Niederösterreich 30.06.2020, LVwG-VG-4/001-2020). Auf höchstgerichtlicher Ebene fehlte bis dato eine Aussage zu diesem Thema.

Ausgangssachverhalt

Auftragsgegenstand war der Zugang zu einem Rechtsinformationssystem für 24 Monate. Die Auftraggeberin, das slowenische Innenministerium, schätzte den Auftragswert auf knapp EUR 40.000,-. Eine Bieterin legte ein Angebot mit einem Gesamtpreis von null Euro. Die Auftraggeberin war der Ansicht, diese Vorgehensweise würde den Bestimmungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge widersprechen und schied die Bieterin aus. Diese wehrte sich gegen das Ausscheiden und rechtfertigte die Null-Position damit, dass sie im Fall der Annahme ihres Angebots Zugang zu einem neuen Markt oder zu Referenzen erhalte.

Entscheidung

Der EuGH stellte fest, „dass ein Angebot nicht automatisch allein aus dem Grund abgelehnt werden kann, dass der vorgeschlagene Preis null Euro beträgt“. Aus der europäischen VergabeRL 2014/24 ergibt sich vielmehr, dass ein ungewöhnlich niedriges Angebot den Auftraggeber dazu verpflichtet, den Bieter zur Erläuterung aufzufordern. „Diese Erläuterungen tragen somit zur Bewertung der Verlässlichkeit des Angebots bei und ermöglichen den Nachweis, dass sich das in Rede stehende Angebot, obwohl es einen Preis von null Euro vorschlägt, nicht auf die ordnungsgemäße Ausführung des Auftrags) auswirken wird“. Zudem kann der Auftraggeber nach Ansicht des Gerichtshofs „ein solches Angebot nur ablehnen, wenn die beigebrachten Nachweise das niedrige Niveau des vorgeschlagenen Preises bzw. der vorgeschlagenen Kosten nicht zufriedenstellend erklären“. Das Vorbringen der Bieterin, wonach sich der Null-Preis dadurch erkläre, dass er im Fall der Annahme dieses Angebots den Zugang zu einem neuen Markt oder zu Referenzen zu erhalten gedenke, wäre von der Auftraggeberin auf die oben genannten Anforderungen hin zu prüfen gewesen.

Detail am Rande: Auch die deutsche VK Nordbayern sprach kürzlich (mit Beschluss vom 23.06.2020, RMF-SG 21-3194-5-11) aus, dass die Angabe von „0,00“ Euro sehr wohl eine Preisangabe ist und nicht ohne weiteres zum Ausschluss des Angebots führen darf. Vielmehr hätte dem Bieter die Gelegenheit zur Aufklärung gegeben werden müssen.

Fazit

Das Urteil des EuGH gibt eine wesentlich weniger formalistische und strenge Vorgehensweise für die Preisprüfung vor, als sie teilweise in der nationalen Judikatur vertreten wird. Für Österreich lassen sich daraus drei wesentliche Grundsätze ableiten:

  1. Wird eine Null-Position angeboten, ist die Plausibilität des Preises dennoch zu prüfen. Die (streng formalistische) Judikatur, wonach eine Null-Position einen Widerspruch zu den Ausschreibungsbestimmungen darstellt, wird im Hinblick darauf nur schwer haltbar sein.

  2. Die Bieterin ist zur Erläuterung der Null-Position aufzufordern. Kann die Bieterin dartun, dass sich die Null-Position nicht auf die ordnungsgemäße Ausführung des Auftragsauswirken wird, ist ihr Angebot nicht auszuscheiden.

  3. Der Zugang zu einem neuen Markt oder zu Referenzen kann eine geeignete Rechtfertigung für eine Null-Position sein. Die bloße Behauptung dieses Umstands wird aber nicht ausreichen. Notwendig ist mE vielmehr, dass die Bieterin konkrete Umstände dartut, aus welchen Gründen die ordnungsgemäße Ausführung des Auftrags sichergestellt ist.

EuGH 10.09.2020, C-367/19, Tax-Fin-Lex

Die Leiterin der Auftraggeberin ist mit einem Mitarbeiter der Bieterin verheiratet. Liegt ein Interessenkonflikt vor und ist die Bieterin vom Vergabeverfahren auszuschließen? Nicht immer, urteilt der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) und liefert Argumente, die auch für die österreichische Vergabepraxis relevant sein können.

Rechtlicher Kontext

Öffentliche Auftraggeberinnen müssen unabhängig vom konkreten Vergabeverfahren aktiv vorbeugende und geeignete Maßnahmen zur wirksamen Verhinderung von möglichen Interessenkonflikten treffen (§ 26 Abs 1 und 199 Abs 1 BVergG 2018). Erlangt eine öffentliche Auftraggeberin Kenntnis von objektiven Anhaltspunkten für das Vorliegen eines Interessenkonflikts, hat sie alle relevanten Umstände zu prüfen. Kann ein tatsächlich bestehender Interessenkonflikt nicht durch weniger einschneidende präventive oder korrektive Maßnahmen beseitigt werden, ist die Bieterin als ultima ratio vom Vergabeverfahren auszuschließen
(§ 26 Abs 2 iVm 78 Abs 1 Z 7 und § 199 Abs 2 iVm 249 Abs 2 Z 6 BVergG 2018).

Bis dato fehlt – soweit ersichtlich – nationale Judikatur zur Frage, wann ein Interessenkonflikt konkret vorliegt und welche Maßnahmen Auftraggeberinnen zu treffen haben. Umso spannender ist ein aktuelles Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH), das sich mit mehreren Facetten dieser Problematik befasst.

Ausgangssachverhalt

Die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, vergleichbar mit einem Amt der Landesregierung, vergibt als öffentliche Auftraggeberin regelmäßig Aufträge für Forschungsvorhaben und Gutachten. Ein Umweltverein berät die Senatsverwaltung in verschiedenen Bereichen durch wissenschaftliche Gutachten bzw ökologische Studien. Die der Senatsverwaltung seit 2016 vorstehende Senatorin, vergleichbar mit dem Leitungsorgan des Amtes einer Landesregierung, ist mit einem Mitarbeiter der Bieterin verheiratet.

Er ist im Fachbereich Energie und Klimaschutz als Forschungskoordinator beschäftigt und führt seit 2008 keine wissenschaftliche Gutachten bzw ökologische Studien mehr für die öffentliche Auftraggeberin durch. Er besitzt in seinem Fachbereich kein Weisungsrecht und keine Personalverantwortung. Dennoch beschloss die öffentliche Auftraggeberin, dass aufgrund des Eheverhältnisses ein Interessenkonflikt besteht und der Umweltverein von künftigen Vergaben ausgeschlossen werde. Die Bieterin erhob dagegen Klage.

Entscheidung

Der BGH erkannte im Eheverhältnis zwischen der Direktorin und dem Forschungskoordinator einen Interessenkonflikt, denn das deutsche Vergaberecht vermutet diesen ausdrücklich bei nahen Angehörigen (§ 6 Abs 4 iVm Abs 3 Z 3 lit a VgV). Daraus ließ sich aber für den Gerichtshof noch nicht ableiten, dass die Bieterin von zukünftigen Vergabeverfahren ausgeschlossen werden darf. Vielmehr müssen öffentliche Auftraggeberinnen zunächst interne organisatorische Maßnahmen treffen, also die betroffenen Organe oder Mitarbeiterinnen von der Mitwirkung am jeweiligen Vergabeverfahren ausklammern. Durch diese Maßnahme wird in aller Regel der Interessenkonflikt wirksam beseitigt.

Im konkreten Fall hätte die Auftraggeberin somit ihre Direktorin von der Mitwirkung an den betreffenden Vergabeverfahren ausnehmen können, um den Interessenkonflikt wirksam und verhältnismäßig zu vermeiden. Der Ausschluss der Bieterin war nach Ansicht des Gerichtshofs hingegen nicht gerechtfertigt.

Fazit

Aus dem BHG-Urteil lassen sich folgende Grundsätze ableiten, die aufgrund der ähnlichen Rechtslage auch in Österreich Relevanz haben können:

  1. Das Vorliegen eines Interessenkonflikts, der die Unparteilichkeit beeinträchtigen könnte (finanzielles, wirtschaftliches oder persönliches Verhältnis), rechtfertigt nicht automatisch das Ausschließen einer Bieterin. Vielmehr ist zu prüfen, ob die Auftraggeberin den Interessenkonflikt durch geeignete Maßnahmen beseitigen kann.

  2. Geeignete Maßnahmen sind von Auftraggeberinnen zunächst intern organisatorisch zu treffen und müssen verhältnismäßig sein.

  3. Als verhältnismäßige, wirksame Maßnahme kommt ein Mitwirkungsverbot der betroffenen Organe oder Mitarbeiterinnen der Auftraggeberin in Betracht. Der Umfang des Verbotes ist abhängig von der konkreten Intensität des Interessenkonfliktes zu beurteilten.

  4. Nur wenn für die Auftraggeberin Maßnahmen unverhältnismäßig oder unmöglich sind, darf eine Bieterin wegen eines Interessenkonflikts vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
    praxistipp

Hinweis: Kontaktieren Sie bei Konfliktfällen ihren Compliance-Officer. Er kann beurteilen, wie genau ein Mitwirkungsverbot der betroffenen Organe oder Mitarbeiterinnen der Auftraggeberin ausgestaltet sowie formal und technisch sichergestellt werden kann.

BGH 03.06.2020, XIII ZR 22/19