Alle Angebote sind eingelangt, die Angebotsfrist ist abgelaufen, die Angebote wurden geöffnet. Bei der Angebotsprüfung müssen Auftraggeber nun einige rechtliche Vorgaben einhalten. Zusätzlich muss die Prüfung ausreichend dokumentiert werden.
Sie haben den Maßstab selbst gelegt: Auftraggeber müssen Angebote nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien prüfen. Angebote, die den Kriterien widersprechen, sind auszuscheiden. Dabei sind Ausschreibungsunterlagen objektiv auszulegen, also so zu verstehen, wie sie von einem sachverständigen Bieter zu verstehen sind und nicht nach dem Willen des Auftraggebers.
Weiters müssen Auftraggeber einzeln prüfen:
- ob den vergaberechtlichen Grundsätzen entsprochen wurde (Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, Verhältnismäßigkeit, Transparenz, freier und lauter Wettbewerb, Wirtschaftlichkeit);
- die Eignung des Bieters bzw. der Subunternehmer hinsichtlich des diese betreffenden Auftragsteiles;
- ob das Angebot rechnerisch richtig ist (Rechenfehler sind zu berichtigen bzw. muss das Angebot ausgeschieden werden);
- ob die Preise angemessen sind;
- ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.
Wenn die Preise bei der Prüfung unangemessen, weil z.B. ungewöhnlich niedrig, erscheinen, ist zusätzlich eine vertiefte Preisprüfung durchzuführen. Sollten die Preise dann nicht betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sein, ist das Angebot auszuscheiden.
Sollten Auftraggeber behebbare Mängel feststellen, so müssen sie den Bieter zur Aufklärung oder Behebung auffordern. Auch wenn es Unklarheiten geben sollte, ist der Bieter zur Aufklärung aufzufordern.
Der Auftraggeber hat die Leistung erfolgreich ausgeschrieben, einige Angebote entgegengenommen und die Angebotsfrist ist abgelaufen. Als nächstes werden die Angebote geöffnet. Dabei müssen Auftraggeber einige Punkte beachten:
Wer ist beim Öffnen der Angebote dabei?
Sollten beim offenen und beim nicht offenen Verfahren Papierangebote eingebracht werden, müssen diese durch eine Kommission geöffnet werden. Sie muss aus mindestens zwei sachkundigen Vertretern des öffentlichen Auftraggebers bestehen. Das gilt aber nicht für Sektorenauftraggeber.
Der Auftraggeber kann beim offenen und beim nicht offenen Verfahren freiwillig eine Öffnung der Angebote unter Beteiligung der Bieter vornehmen. In diesem Fall ist allen Bietern die Möglichkeit zu bieten, an der Öffnung teilzunehmen.
Bei Verhandlungsverfahren gibt es keine formalisierte Angebotsöffnung. Die Ergebnisse der Öffnungen der Erstangebote und der Folgeangebote müssen geheim gehalten werden, um den Wettbewerb im Zuge der weiteren Verhandlungen mit den Bietern nicht zu behindern.
Wichtige Schritte vor dem Öffnen eines Angebotes
Vor dem Öffnen eines Angebotes muss festgestellt werden, ob das Angebot fristgerecht eingelangt ist. Bei Angeboten, die nach Ablauf der Angebotsfrist eingelangt sind, müssen Auftraggeber sie als verspätet eingelangt kennzeichnen. Sie dürfen sie nicht öffnen (ausgenommen dies ist zur Feststellung der Identität des Bieters für die Verständigung erforderlich) und nicht weiter behandeln.
- Manche elektronische Vergabesysteme, wie etwa auftrag.at, lassen eine verspätete Angebotsabgabe gar nicht zu. Dann können alle eingelangten Angebote nur fristgerecht sein und eine separate Prüfung erübrigt sich unter Hinweis auf die „Architektur“ des Vergabesystems.
Außerdem ist festzustellen, dass kein unbefugter Zugriff erfolgte bzw. bei Papierangeboten, ob es ungeöffnet ist.
Formalprüfung
Die geöffneten Angebote sind auf ihre Vollständigkeit und die Erfüllung der sonstigen Formerfordernisse gemäß den Anforderungen in der Ausschreibung zu prüfen.
Bei Papierangeboten sind alle bei der Öffnung des Angebotes vorliegenden Teile von der Kommission so eindeutig zu kennzeichnen, dass ein nachträgliches Auswechseln feststellbar wäre. Elektronisch erstellte und übermittelte Daten sind allgemein schon so zu speichern und zu kennzeichnen, dass eine nachträgliche Veränderung feststellbar ist (Integrität der Daten).
Das Protokoll
Der öffentliche Auftraggeber muss über die Öffnung der Angebote beim offenen und beim nicht offenen Verfahren ein Protokoll verfassen. Dieses Protokoll ist jedem Bieter zu übermitteln bzw. bereitzustellen. Für das Verhandlungsverfahren besteht zwar keine Protokollierungspflicht, ein internes Protokoll für den Vergabeakt ist aber empfehlenswert.
Nach Abschluss der Öffnung sind die Angebote so zu verwahren, dass sie Unbefugten unzugänglich sind.
Bei einer elektronischen Auktion werden die eingereichten Angebote wiederholt automatisch klassifiziert und gereiht. Damit können die BieterInnen die Rangfolge ihrer Angebote bzw. den aktuell niedrigsten Preis während der laufenden Auktion einsehen und entsprechend nachbessern. Je nach Art der elektronischen Auktion und der festgelegten Auktionsordnung laufen diese unterschiedlich ab.
Bevor eine Auktion durchgeführt werden kann, müssen die eingereichten Angebote geprüft und in einer ersten Runde bewertet werden. Nur BieterInnen, deren Angebote nicht bereits zu diesem Zeitpunkt ausgeschieden werden, werden zur Teilnahme an der elektronischen Auktion und zur Vorlage neuer Preise bzw. neuer Werte aufgefordert. Dieser Aufforderung ist das Ergebnis der ersten Angebotsbewertung der betreffenden BieterInnen anzuschließen. Die Auktion darf frühestens zwei Arbeitstage nach Absendung dieser Aufforderung beginnen und die Identität der BieterInnen wird bis zum Abschluss geheim gehalten.
Die Auktionsordnung
Jede elektronische Auktion muss einer Auktionsordnung unterliegen. Diese ist Teil der Ausschreibungsunterlagen und muss unter anderen diese Angaben beinhalten:
- Registrierungs- und Identifizierungserfordernisse,
- Angaben zur elektronischen Vorrichtung, mit der die Auktion durchgeführt wird,
- die Komponenten (Preis, sonstige Angebotsteile), deren Werte Gegenstand der Auktion sind,
- Angaben zum Ablauf der Auktion (Bedingungen, Mindestabstände der Angebotsabgabe etc.),
- Beginn und Modalität der Beendigung der Auktion (zu einem fixierten Zeitpunkt oder mit Ablauf einer bestimmten Zeitspanne, in der neue Angebote abgegeben werden müssen),
- Gegebenenfalls die Obergrenzen der zu auktionierenden Werte, Ausscheidensgründe, Termine und das Vadium,
- die Internetadresse, auf der das aktuell niedrigste Angebot bzw. die aktuelle Reihung der Teilnehmer bekannt gegeben wird,
- eine Beschreibung der Informationen, die während der Auktion übermittelt oder zur Verfügung gestellt werden.
AuftraggeberInnen können nach jeder Auktionsphase die Angebote jener TeilnehmerInnen ausscheiden, die keine neuen Angebote oder nur Angebote abgegeben haben, die das gegebenenfalls festgelegte Minimum der Angebotsstufen nicht erreicht oder überstiegen haben. Sie müssen die betroffenen TeilnehmerInnen unverzüglich über ihren Ausschluss verständigen.
Elektronische Auktionen: Billigst- oder Bestbieterprinzip
Es gibt die sogenannten „einfachen“ elektronischen Auktionen und die „sonstigen“ elektronischen Auktionen.
Bei den einfachen elektronischen Auktionen wird der Zuschlag dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt. Somit sind nur Angebote zum Preis zulässig. Während der Auktion müssen AuftraggeberInnen allen BieterInnen unverzüglich den aktuell niedrigsten Preis und die aktuelle Positionierung aller Angebote unter der in der Auktionsordnung festgelegten Internetadresse bekannt geben. Am Ende der Auktion müssen sie den Namen der erfolgreichen BieterInnen samt Auftragssumme unter der festgelegten Internetadresse bekannt geben.
Soll das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag erhalten, kann nur eine sonstige elektronische Auktion durchgeführt werden. Dafür müssen AuftraggeberInnen in der Aufforderung unter anderen jene mathematische Formel angeben, nach der die automatische Neureihung im Zuge der Auktion erfolgen wird. Aus dieser Formel muss insbesondere die Gewichtung der Zuschlagskriterien hervorgehen, die vorab in fixen Werten festzulegen sind. Während der Auktion ist allen BieterInnen unverzüglich die aktuelle Positionierung ihres Angebotes unter der festgelegten Internetadresse bekannt zu geben. Am Ende einer sonstigen elektronischen Auktion werden den unterlegenen BieterInnen zusätzlich zur Mitteilung des Namens des/der erfolgreichen BieterIn samt Auftragssumme auch die Gründe für die Ablehnung ihres Angebots mitgeteilt, sofern sie nicht bereits aufgrund der gemäß der Auktionsordnung zu übermittelnden bzw. bereitzustellenden Informationen unmittelbar ersichtlich sind.
Im Unterschwellenbereich hat der Auftraggeber die Wahl zwischen der elektronischen Kommunikation, der Kommunikation über den Postweg oder einen anderen geeigneten Weg oder einer Kombination dieser Kommunikationswege.
Im Oberschwellenbereich hat die Kommunikation zwischen Auftraggeber und Unternehmer zwingend elektronisch zu erfolgen. Sollten Ausnahmen davon gemacht werden, muss der Auftraggeber dies im Vergabevermerk begründen. Die Pflicht zur elektronischen Kommunikation betrifft nicht die Kommunikation innerhalb der Sphäre des Auftraggebers – z.B. muss die Kommunikation zwischen Auftraggeber und einem von ihm hinzugezogenen Sachverständigen nicht elektronisch erfolgen. Auch die Kommunikation vor und nach dem Vergabeverfahren muss nicht elektronisch erfolgen (z.B. eine vorangehende Markterkundung).
Elektronische Kommunikation
Soweit die Kommunikation elektronisch erfolgt, muss der Auftraggeber in der Ausschreibung nähere Festlegungen hinsichtlich der zu beachtenden Anforderungen an die elektronische Kommunikation treffen. Die elektronische Kommunikation kann per E-Mail oder über eine eVergabeplattform erfolgen. Fax ist nicht zulässig.
Das Bundesvergabegesetz kennt bestimmte Ausnahmen, bei denen die Kommunikation nicht elektronisch erfolgen muss. Die Gründe für die Verwendung anderer Kommunikationsmittel sind im Vergabevermerk anzugeben. Das ist zum Beispiel, wenn die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel aufgrund der besonderen Art des Auftrages bzw. des Wettbewerbes besonders spezifische IT-Anforderungen erfordern würde, die nicht allgemein verfügbar sind oder in den Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen die Einreichung von physischen oder maßstabsgetreuen Modellen verlangt wird, die nicht elektronisch übermittelt werden können. Auch ein sehr hoher Schutzbedarf besonders sensibler Information kann ein Ausnahmegrund sein.
Im Rahmen der elektronischen Kommunikation kann bei minderbedeutenden Inhalten auch mündlich kommuniziert werden. Dies nur so weit, als diese keine wesentlichen Bestandteile des Vergabeverfahrens betrifft und ihr Inhalt ausreichend dokumentiert wird. Als wesentliche Bestandteile gelten jedenfalls die Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen, der Teilnahmeantrag, die Interessensbestätigung, das Angebot und die Wettbewerbsarbeit.
Die Kommunikationsmittel dürfen keinen diskriminierenden Charakter haben, müssen allgemein verfügbar sowie mit den allgemein verbreiteten IT-Ausstattungen kompatibel sein. Sie dürfen den Zugang des Unternehmers zum Vergabeverfahren nicht beschränken.
Mit der europaweiten Einführung der eVergabe im Oberschwellenbereich müssen europäische Auftraggeber und Unternehmer beim Übermitteln bestimmter Unterlagen diese digital signieren. Es gibt drei Arten von digitalen Signaturen, von denen die Mitgliedstaaten auswählen konnten, welche sie im Vergabeverfahren vorschreiben. In Österreich müssen im Rahmen der eVergabe übermittelte Unterlagen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, einem qualifizierten elektronischen Siegel oder einer Amtssignatur versehen werden.
Die (einfache) elektronische Signatur sind Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Außerdem gibt es die fortgeschrittene elektronische Signatur, die
- eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet ist.
- die Identifizierung des Unterzeichners ermöglicht.
- unter Verwendung elektronischer Signaturerstellungsdaten erstellt wird, die der Unterzeichner mit einem hohen Maß an Vertrauen unter seiner alleinigen Kontrolle verwenden kann.
- mit den auf diese Weise unterzeichneten Daten verbunden ist, dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann.
Pflicht zur qualifizierten elektronischen Signatur bei der eVergabe
Eine qualifizierte elektronische Signatur ist einer eigenhändigen Unterschrift rechtlich gleichgestellt. Wenn sie auf einem in einem EU-Mitgliedstaat ausgestellten qualifizierten Zertifikat beruht, wird sie in allen anderen EU-Mitgliedstaaten als qualifizierte elektronische Signatur anerkannt.
Der österreichische Gesetzgeber hat sich dazu entscheiden, die qualifizierte elektronische Signatur für die eVergabe vorzuschreiben. Sie ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur, die
- von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurde
- und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht.
Diese Zertifikate können nur von einem sogenannten „qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter“ verliehen werden. Diese werden auf der Website der RTR aufgelistet, die in Österreich die Aufsicht über die Vertrauensdiensteanbieter hat. Qualifizierte elektronische Signaturen sind z.B. Handy-Signatur, kartenbasierte Bürgerkarte oder ID Austria.
Welche Unterlagen müssen qualifiziert elektronisch signiert werden?
Welche Unterlagen auf jeden Fall elektronisch signiert werden müssen, steht im § 48 Abs. 12 BVergG 2018 (im Sektorenbereich im § 217 Abs. 12 BVergG 2018). Es handelt sich um eine taxative Aufzählung. Das bedeutet, dass sich die gesetzliche Verpflichtung, eine qualifiziert elektronische Signatur zu versehen, auf folgende Unterlagen beschränkt:
- Ausschreibungs- und Wettbewerbsunterlagen
- Teilnahmeanträge
- Angebote
- Wettbewerbsarbeiten
- Auftragsbestätigungen
Bei allen anderen Unterlagen liegt es im Ermessen der Auftraggeber, ob sie die Verwendung einer elektronischen Signatur für notwendig erachten. Wenn ja, müssen sie dies in den Ausschreibungsunterlagen festlegen.
Auftraggeber können frei entscheiden, ob sie die Leistungen ihres Vorhabens gemeinsam in Form einer Gesamtvergabe oder nach einzelnen Aufträgen getrennt vergeben. Die Vergabe von einzelnen Aufträgen wird Losvergabe genannt – die einzelnen Aufträge sind Lose. Bei der Losvergabe werden die einzelnen Lose (einzelnen Aufträge) gemeinsam in einem Vergabeverfahren ausgeschrieben.
Mit der Losvergabe ermöglichen Auftraggeber die Teilnahme von Klein- und Mittelunternehmen (KMU) am Vergabeverfahren, während sie den Wettbewerb zwischen den Bietern fördern.
Die Entscheidung zwischen Gesamt- und Losvergabe
- Auftraggeber müssen wirtschaftliche und technische Aspekte berücksichtigen. Beispielsweise könnten eine einheitliche Ausführung und eine eindeutige Gewährleistung notwendig sein.
- Bei Rahmenvereinbarungen sind Losvergaben ausgeschlossen.
- Sollten Auftraggeber sich im Oberschwellenbereich gegen eine Losvergabe entscheiden, müssen sie dies in der Ausschreibung oder im Vergabevermerk begründen. Bei Sektorenauftraggeber entfällt diese Begründungspflicht.
Auftraggeber müssen ihre Entscheidung von Beginn an bekanntmachen und sind daran gebunden. Entscheiden sie sich für eine Gesamtvergabe, können sie den Zuschlag später nicht aufteilen. Sie dürfen sich jedoch in der Bekanntmachung bzw. Aufforderung zur Interessensbestätigung die Möglichkeit vorbehalten, mehrere oder alle Lose an einen Bieter zu vergeben, wenn die gemeinsame Vergabe der Lose günstiger ist als eine getrennte Vergabe. Dabei müssen sie im Vorhinein festlegen, welche Lose oder Losgruppen kombiniert werden können.
So gestaltet sich die Losvergabe
Auftraggeber müssen die Ausschreibung so gestalten, dass Bieter Lospreise bilden können. Sie müssen in der Bekanntmachung bzw. in der Aufforderung zur Interessensbestätigung angeben, ob Angebote
- nur für ein Los,
- für mehrere Lose oder
- für alle Lose
abgegeben werden können.
Der Auftraggeber kann die Anzahl der Lose, die ein Bieter erhält, einschränken. Dann muss er zusätzlich die Höchstzahl angeben.
Die Lose können in örtlicher oder zeitlicher Hinsicht, sowie nach Art und Menge der Leistung aufgeteilt werden. Sie können auch nach Gewerbe oder Fachrichtungen geteilt werden. Bei Bauaufträgen erfolgt die Unterteilung oft nach Gewerken.
Bei der Beurteilung, ob es sich um einen Ober- oder Unterschwellenauftrag handelt, ist der geschätzte Auftragswert aller Lose zusammen ausschlaggebend. Dabei gibt es einzelne Erleichterungen durch die Kleinlosregelung.
Ein Subunternehmen ist ein Unternehmen, das Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages ausführt. Die bloße Lieferung von Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung. Die europarechtlichen Vergaberichtlinien ermächtigen öffentliche Auftraggeber, Bieter aufzufordern, bestimmte Angaben zum Subunternehmen zu machen bzw. dürfen die Mitgliedstaaten öffentliche Auftraggeber auch dazu verpflichten, diese Angaben von Bietern einzufordern.
Das europäische Vergaberecht sieht hingegen keine Beschränkungen in Bezug auf den Anteil von Unteraufträgen und die bei Subunternehmen ansetzbaren Abschlägen vor. Italien hatte betragsmäßige Einschränkungen gesetzlich festgelegt, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg 2019 und 2021 für europarechtswidrig erklärte.
Die Entscheidungen des EuGHs im italienischen Vergabeverfahren
In Italien durfte der Anteil des Auftrags, den Zuschlagsempfänger untervergeben wollten, nicht mehr als 30% des Gesamtbetrags des Auftrags ausmachen. Ziel war es, dass die Mafia keine öffentlichen Aufträge infiltriert. Der EuGH fand jedoch, dass diese allgemeine und generelle Beschränkung der Untervergabe auf einen festen Prozentsatz unzulässig war. Sie ließ nämlich keinen Raum für eine Einzelfallprüfung, zum Beispiel hinsichtlich des konkreten Wirtschaftsbereichs, der konkreten Arbeiten oder der Identität der Unterauftragnehmer.
Außerdem durfte die Vergütung der Subunternehmer nicht um über 20% niedriger sein als die sich aus der Ausschreibung ergebenden Einzelpreise. Hier hatte der italienische Gesetzgeber unter anderen den Schutz vor Sozialdumping für die Belegschaft des Subunternehmens im Sinn. Doch auch hier hielt der EuGH diese Regelung aus mehreren Gründen für unzulässig. Insbesondere galt die rein betragsmäßige Einschränkung ohne Rücksicht darauf, ob der soziale Schutz durch Gesetze, Vorschriften und Kollektivverträge gewährleistet wird. Somit konnte nicht im Einzelfall geprüft werden, ob eine betragsmäßige Einschränkung tatsächlich erforderlich war oder der Lohnschutz durch andere Maßnahmen gesichert war.
Wie ist die Rechtslage beim Einsatz von Subunternehmen in Österreich?
- Es darf nicht der gesamte Auftrag an das Subunternehmen weitergegeben werden.
- Bieter müssen alle Teile des Auftrages, die sie weitergeben möchten sowie die jeweils in Frage kommenden Subunternehmer im Angebot bekannt geben.
- Subunternehmen müssen die erforderliche Eignung für den ihnen konkret zufallenden Leistungsteil besitzen.
- Zusätzlich haben öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit, weitere Einschränkungen festzulegen. Sie können
- verlangen, dass bestimmte kritische Aufgaben von Bietern selbst, von einem mit diesen verbundenen Unternehmen, oder gegebenenfalls von einem Mitglied der Arbeits- oder Bietergemeinschaft ausgeführt werden müssen, oder
- den Rückgriff auf Subunternehmen in der Ausschreibung im Einzelfall beschränken, sofern dies durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt und angemessen ist.
Angebote oder Teilnahmeanträge können nicht nur von einzelnen Unternehmern sondern auch von Unternehmensgemeinschaften abgegeben werden. Das ist unter anderem dann einer Überlegung wert, wenn die beteiligten Unternehmen für sich genommen nicht über die erforderliche Kapazität zur Durchführung des Auftrages verfügen oder erst aufgrund einer solchen Zusammenarbeit ein attraktives Angebot abgeben können.
Gemeinschaft mehrerer Unternehmer
- Unter einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) versteht man den Zusammenschluss mehrerer Unternehmer, die sich dem Auftraggeber gegenüber solidarisch zur vertragsgemäßen Erbringung einer Leistung verpflichten. Arbeitsgemeinschaften sind Gesellschaften bürgerlichen Rechts (Gelegenheitsgesellschaften), die auf ein bestimmtes Geschäft (z.B. ein konkretes Bauprojekt) und nicht auf den dauerhaften Betrieb eines bestimmten Geschäftszweiges gerichtet sind.
- Eine Bietergemeinschaft stellt demgegenüber den bloßen Zusammenschluss mehrerer Unternehmer zum Zweck der Übermittlung eines gemeinsamen Angebotes dar. Erhält die Bietergemeinschaft schlussendlich den Auftrag, wandelt sie sich automatisch in eine Arbeitsgemeinschaft um und schuldet dem Auftraggeber die solidarische Leistungserbringung.
- Bei zweistufigen Verfahren gibt es in der ersten Stufe Bewerbergemeinschaften. Dabei handelt es sich um den Zusammenschluss mehrerer Unternehmer zur Abgabe eines gemeinsamen Teilnahmeantrages. Gibt eine Bewerbergemeinschaft in weiterer Folge (in der zweiten Stufe) ein Angebot ab, wird sie damit zur Bietergemeinschaft.
Vorteile einer Arbeits-, Bieter- und Bewerbergemeinschaft
Neben der Tatsache, dass Arbeits-, und Bietergemeinschaften über größere Kapazitäten zur Durchführung eines Auftrags verfügen und ein attraktiveres Angebot legen können, sind sie als solche im Rahmen des Vergabeverfahrens und auch eines allfälligen gerichtlichen Nachprüfungsverfahrens parteifähig. Sie können also gemeinsam als eine Partei auftreten und Rechte nach dem Bundesvergabegesetz 2018 (vor allem solche im vergaberechtlichen Rechtsschutz) geltend machen.
Hinweis: Arbeits-, und Bietergemeinschaften verfügen in zivilrechtlicher Hinsicht über keine Rechtsfähigkeit (deshalb sind die einzelnen ARGE-Mitglieder und nicht die ARGE als solche Vertragspartner des Auftraggebers).
Einer für alle – Jeder für sich
Im Falle der Angebots- oder Teilnahmeantragslegung durch eine Bieter-, oder Bewerbergemeinschaft hat jedes Mitglied die Befugnis – und auch sonstige Eignungsvoraussetzungen – für den ihm konkret zufallenden Leistungsteil entsprechend nachzuweisen. Falls sachlich gerechtfertigt und erforderlich, kann der Auftraggeber für Arbeits-, Bieter-, oder Bewerbergemeinschaften vorsehen, dass diese zusätzliche Nachweise vorzulegen haben, die einzelne Bieter und Bewerber nicht vorlegen müssen.
Bedingt oder gar nicht möglich
Die Teilnahme oder die Bildung von Arbeits-, Bieter-, oder Bewerbergemeinschaften kann nur bei Vorliegen sachlicher Gründe in der Ausschreibung für unzulässig erklärt werden. Der Auftraggeber kann ebenfalls aus sachlichen Gründen eine allfällige Beschränkung der Mitgliederanzahl oder der Zusammensetzung von Arbeits- Bieter- oder Bewerbergemeinschaften vorsehen.
Hinweis: Sachliche Gründe liegen etwa dann vor, wenn in einem bestimmten Marktsegment nur eine begrenzte Anzahl von Unternehmern existiert und zur Wahrung des Wettbewerbes keine weitere Einschränkung der Teilnehmeranzahl aufgrund der Bildung von Arbeits-, Bieter-, oder Bewerbergemeinschaften erfolgen soll.
Eine Formsache
Der Auftraggeber darf Arbeits-, Bieter-, oder Bewerbergemeinschaften nicht dazu verpflichten, zwecks Einreichens eines Angebotes oder eines Teilnahmeantrages eine bestimmte Rechtsform anzunehmen. Der Auftraggeber kann jedoch sehrwohl verlangen, dass die Gemeinschaft eine bestimmte Rechtsform annimmt, wenn ihr der Zuschlag erteilt wird und, dies für die ordnungsgemäße Durchführung des Auftrages erforderlich ist.
Im Vergabeverfahren gibt es drei Hauptauftragsarten: Bauauftrag, Lieferauftrag und Dienstleistungsauftrag. Dienstleistungsaufträge sind ein Auffangbecken für alle entgeltlichen Verträge, die keine Bau- oder Lieferaufträge sind. Das sind zum Beispiel Beratungsdienstleistungen oder Dienstleistungen im Bereich Entwicklung von Schulungsprogrammen.
Neben den allgemeinen Dienstleistungen, für die die generellen Regeln des Vergaberechts gelten, gibt es vier weitere Kategorien, für deren Vergabe Sondervorschriften gelten:
Besondere Dienstleistungen
Im Anhang XVI des Bundesvergabegesetzes 2018 wird eine Reihe von Dienstleistungen aufgezählt, die in die Kategorie der "besonderen Dienstleistungen" fallen. Das sind zum Beispiel Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Soziales (z.B. Bewährungshilfe, medizinische Leistungen in Krankenhäusern), Kultur (z.B. Organisation von Festivals, Messen) oder Postdienste.
Für solche Dienstleistungen gelten vereinfachte Verfahrensvorschriften, ähnlich zur Direktvergabe.
Dienstleistungsaufträge für partizipatorische Organisationen
Bei der Vergabe von ausgewählten "besonderen" Dienstleistungsaufträgen können sich Auftraggeber dafür entscheiden, nur partizipatorische Organisationen am Verfahren teilnehmen zu lassen. Es handelt sich vor allem um Leistungen im Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens. Sie gelten regelmäßig als Teil der Daseinsvorsorge und sollen daher mit ihrer staatlichen Finanzierung nicht zwangsläufig dazu führen, dass nur gewinnorientierte Unternehmen davon profitieren. Diese Dienstleistungen werden im Anhang XVII des Bundesvergabegesetzes 2018 aufgezählt.
Geistige Dienstleistungen
Solche Dienstleistungen führen nicht zwingend zum gleichen Ergebnis, weil ihr wesentlicher Inhalt in der Lösung einer Aufgabenstellung besteht, die durch geistige Arbeit erbracht wird. Für diese Leistungen ist es Auftraggebern zwar möglich, eine Ziel- oder Aufgabenbeschreibung zu liefern, nicht jedoch eine vorherige eindeutige und vollständige Beschreibung der Leistung (konstruktive Leistungsbeschreibung). In der Regel erfordern sie daher Verhandlungen.
Es handelt sich zum Beispiel um die Erstellung von Werbekonzepten, Forschungsleistungen oder Softwareentwicklung. Auch die Erstellung von Ausschreibungsunterlagen und die Abwicklung von Vergabeverfahren an sich sind geistige Dienstleistungen, die in Auftrag gegeben werden können.
Personenverkehr auf Schiene und U-Bahn
Die Vergabe dieser Dienstleistungen unterliegt neben den Vorschriften des BVergG 2018 auch jenen der Public Service Obligations (PSO)-Verordnung der Europäischen Union.
Unter den vielen Formen der Auftragsvergabe sind die Direktvergabe und das Verhandlungsverfahren bevorzugte Verfahren der Auftraggeber. Der Vorteil von Verhandlungsverfahren ist, dass über die zu erbringende Leistung und den Preis verhandelt werden darf. Dafür kann es nur in bestimmten Ausnahmefällen durchgeführt werden.
Wie laufen Verhandlungsverfahren ab?
Bei Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung fordern Auftraggeber von vornherein nur eine beschränkte Anzahl von Unternehmern auf, Angebote abzugeben. Dabei müssen grundsätzlich mindestens drei Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Bei einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung wird eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen zu Abgabe von Teilnahmeanträgen eingeladen. Davon werden dann geeignete Bewerber ausgewählt, die Auftraggeber dazu auffordern, Angebote zu legen.
In den Ausschreibungsunterlagen legen Auftraggeber bestimmte Mindestanforderungen fest, die ein Angebot auf jeden Fall erfüllen muss. Diese und die Zuschlagskriterien sind nicht verhandelbar und dürfen sich während des Verhandlungsverfahrens auch nicht ändern.
Ansonsten dürfen Angebote von den Ausschreibungsunterlagen abweichen. Nachdem die Erstangebote abgegeben wurden, wird über Leistung und Preis (z.B.: Qualität, Mengen, Geschäftsklauseln etc.) verhandelt. Typischerweise werden nach der ersten Runde Folgeangebote gelegt, über die wieder verhandelt wird. Es können beliebig viele Verhandlungsrunden stattfinden. Auftraggeber müssen aber mindestens über die Erstangebote verhandeln (Ausnahme: Auftraggeber geben in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung ausdrücklich bekannt, dass sich sich eine Vergabe aufgrund des Erstangebots ohne Verhandlung vorbehalten).
Nachdem die Verhandlungen abgeschlossen wurden, informiert Auftraggeber die verbliebenen Bieter darüber, dass sie einen Abschluss der Verhandlungen beabsichtigen. Dabei erhalten alle Bieter eine gleichlautende Frist, um ein endgültiges Angebot abzugeben. Über dieses Letztangebot darf dann nicht mehr verhandelt werden. Von diesen endgültigen Angeboten wählen Auftraggeber anhand der Zuschlagskriterien den Bestbieter aus.
Mit wem wird verhandelt?
Auftraggeber können anhand der Zuschlagskriterien eine Vorauswahl unter den Bietern treffen und die Anzahl der Bieter, mit denen sie verhandeln, verringern (Shortlist-Verfahren). Sie können sich aber auch dafür entscheiden, mit allen Bietern alle Verhandlungsrunden zu führen. Das muss in der Ausschreibung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung bekannt gegeben werden. Dabei muss immer ein echter Wettbewerb gewährleistet sein.
Im Unterschwellenbereich können Auftraggeber sich auch dafür entscheiden, nur mit dem Bestbieter Verhandlungen zu führen. Das müssen sie in den Ausschreibungsunterlagen vorsehen. Erst wenn diese Verhandlungen keinen Erfolg zeigen, verhandeln sie dann mit den anderen Bietern.
Welche Rechte haben Bieter? Gleichbehandlung, Information und Geheimhaltung
Alle Bieter müssen gleichbehandelt werden. Auftraggeber dürfen keine Informationen in diskriminierender Weise weitergeben, sodass bestimmte Bieter begünstigt werden können. Sie dürfen auch keine vertraulichen Informationen ohne konkrete Zustimmung an die anderen Unternehmen weitergeben.
Alle Bieter dürfen von Auftraggebern verlangen, spätestens innerhalb von 15 Tagen über den Verlauf und den Fortschritt der Verhandlungen informiert zu werden.
Außerdem müssen bis zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung Anzahl und Namen der zur Angebotsabgabe aufgeforderten Unternehmer geheim gehalten werden.