Die Auftraggeber haben in der Ausschreibung anzugeben, welche Leistungen von den Bietern konkret zu erbringen sind. Diese sogenannte Leistungsbeschreibung kann entweder konstruktiv oder funktional erfolgen. Entscheiden sich die Auftraggeber für eine konstruktive Leistungsbeschreibung, müssen sie umfangreiche Leistungen in einem Leistungsverzeichnis aufgliedern.
Nähreres zur Leistungsbeschreibung als Ganze, erfahren Sie hier.
Allgemeines zum Leistungsverzeichnis
In einem Leistungsverzeichnis wird die ausgeschriebene Gesamtleistung in Teilleistungen detailliert nach (Leistungs-)Positionen aufgegliedert und beschrieben. Dem Leistungsverzeichnis ist eine zusammenfassende Beschreibung der Gesamtleistung voranzustellen. Durch diese Zusammenfassung soll für die Bieter der Auftragsgegenstand auf einen Blick erkennbar sein.
Die Bieter haben ihre Angebote auf Grundlage des Leistungsverzeichnisses zu kalkulieren und für die ausgeschriebenen Teilleistungen jeweils Positionspreise anzubieten. Diese ergeben in Summe den Gesamtpreis für die konstruktiv beschriebene Gesamtleistung.
Die Gliederung des Leistungsverzeichnisses
Die konkrete Gliederung eines Leistungsverzeichnisses ist gesetzlich nicht näher geregelt. In der Praxis hat sich bewährt, das Leistungsverzeichnis dahingehend zu gliedern, dass unter den einzelnen Positionen nur Leistungen gleicher Art und Preisbildung aufscheinen. In der Regel vergeben die Auftraggeber für die einzelnen Positionen eine fortlaufende Nummer (Ordnungszahl). Auf diese Positionsnummer folgt meist eine kurze Beschreibung des Inhalts der jeweiligen Leistung samt allfälligen technischen Spezifikationen. Die Leistungen müssen im Anschluss an die Inhaltsbeschreibung so genau wie möglich mengenmäßig (z.B. Laufmeter, Stunden, Liter, Stück) bestimmt werden, außer es handelt sich um Rahmenvereinbarungen oder Rahmenverträge.
An letzter Stelle steht in der Regel der Einzelpreis der jeweiligen Leistungsposition. Auftraggeber müssen festlegen, inwieweit die Preise aufgegliedert werden müssen (z.B. nach Lohn, Sonstiges, Lieferung, Montage). Zu empfehlen ist, die Preise zumindest in „Lohn“ und „Sonstiges“ aufzugliedern, um bei veränderlichen Preisen eine Fortschreibung für zusätzliche Leistungen zu ermöglichen.
Auftraggeber sollten bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses weiters darauf achten, dass:
- Leistungen mit einmaligen und solchen mit zeit- oder mengenabhängigen Kosten in getrennten Positionen erfasst werden,
- Leistungen mit unterschiedlicher Kostenstruktur nicht unter einer Position zusammengefasst werden und dass
- bei der Angabe eines Leitprodukts der Zusatz „oder gleichwertig“ in der Inhaltsbeschreibung enthalten ist. Die Angabe von Leitprodukten ist nur zulässig, wenn der Auftragsgegenstand anders nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann. Auftraggeber haben in diesem Fall die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung der Gleichwertigkeit in der Inhaltsbeschreibung anzugeben und „Bieterlücken“ vorzusehen. Dabei handelt es sich um freie Zeilen im Leistungsverzeichnis, in denen die Bieter ihre gleichwertigen Produkte anbieten können.
Die Erstellung eines sinnvoll gegliederten Leistungsverzeichnisses mit realistischen Mengenangaben kann maßgeblich dazu beitragen, Mehrkosten zu verhindern (präventives Anti-Claim Management).
Standardisierte Leistungsbeschreibungen und ÖNORMEN
Bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses müssen Auftraggeber darauf achten, ob es Leitlinien gibt, die für die Beschreibung oder Aufgliederung bestimmter Leistungen geeignet sind. Diese Leitlinien sollen zur Erstellung einer klaren und übersichtlichen Leistungsbeschreibung beitragen. Auftraggeber müssen auf diese Leitlinien zwar grundsätzlich Bedacht nehmen, es besteht aber (seit der Neukodifizierung des Bundesvergabegesetzes im Jahr 2018) keine Pflicht diese heranzuziehen. Weichen Auftraggeber von den Leitlinien ab, müssen sie die maßgeblichen Gründe dafür intern dokumentieren.
Ein Beispiel für geeignete Leitlinien sind standardisierte Leistungsbeschreibungen. Diese enthalten z.B. für den Hochbau („LB-HB“) oder für Verkehr und Infrastruktur („LB-VI“) einen Katalog von allen in Frage kommenden Standardpositionen. Die Auftraggeber wählen die für die jeweilige Ausschreibung relevanten Positionen aus und legen die entsprechenden Mengen fest. Ein weiteres Beispiel für geeignete Leitlinien sind ÖNORMEN, wie etwa die Werkvertrags-ÖNORM B 2110 für Bauaufträge.
Die Leistungsbeschreibung ist jener Teil der Ausschreibungsunterlagen, in dem die gesuchte bzw. zu beschaffende Leistung detailliert beschrieben wird. Sie enthält die Funktions- und Leistungsanforderungen an die zu erbringenden Leistungen und dient den Bietern als Grundlage für ihre Angebotskalkulation. Die Leistungsbeschreibung soll die Vergleichbarkeit der einlangenden Angebote bei allen Verfahrensarten sicherstellen und den Auftraggebern die Auswahl des besten Angebots ermöglichen. Beim Verhandlungsverfahren gilt der Grundsatz der Vergleichbarkeit der Angebote erst für die endgültigen Angebote, sofern die Auftraggeber den Zuschlag nicht auf Basis der Erstangebote erteilen.
Das Leistungsverzeichnis ist ein Bestandteil der Leistungsbeschreibung, der unter bestimmten Umständen anzulegen ist. Den Rahmenbedingungen und der Gliederung dessen wurden sich detaillierter in einem eigenen Beitrag gewidmet.
Grundsätze der Leistungsbeschreibung
Die Leistungen müssen neutral und nicht diskriminierend beschrieben werden. Die Leistungsbeschreibung darf zu keiner Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Bieter führen, sondern muss einen echten Wettbewerb gewährleisten. Erzeugnisse eines bestimmten Produzenten dürfen etwa nur dann namentlich genannt werden, wenn dies durch besondere Umstände gerechtfertigt ist. Denkbar wäre dies etwa bei der Erweiterung oder Ergänzung bereits bestehender Systeme. In diesen Fällen könnte es im Hinblick auf eine einheitliche technische Ausstattung zweckmäßig sein, bestimmte Produkte oder Erzeugnisse namentlich zu nennen. Das Gebot einer produktneutralen Leistungsbeschreibung gilt auch für den Fall, dass vor dem Vergabeverfahren eine Markterkundung durchgeführt wurde: Es darf kein Produkt bzw. keine Leistung eines bestimmten Unternehmens, das sich in der Markterkundung als z.B. besonders vorteilhaft herausgestellt hat, bevorzugt werden.
Leistungsbeschreibungen müssen technische Spezifikationen enthalten und sind erforderlichenfalls durch Pläne, Zeichnungen, Modelle, Proben, Muster und ähnliches zu ergänzen. Auftraggeber können auch Gütezeichen, Testberichte und Zertifizierungen verlangen.
Konstruktive oder funktionale Leistungsbeschreibung?
Auftraggeber haben die Wahl zwischen einer konstruktiven und einer funktionalen Leistungsbeschreibung. Bei einer konstruktiven Leistungsbeschreibung definieren die Auftraggeber eindeutig, vollständig und neutral Art und Umfang einer Leistung und geben an, mit welchen konkreten Einzelleistungen das Leistungsziel erreicht werden soll. Umfangreiche Leistungen sind in einem Leistungsverzeichnis aufzugliedern. Auftraggeber haben die konstruktive Leistungsbeschreibung so präzise und vollständig zu erstellen, dass sie – gegebenenfalls ergänzt durch jene Vertragsbestandteile, die im Angebotenthalten sind – unmittelbar Inhalt des Leistungsvertrages werden kann.
Bei einer konstruktiven Leistungsbeschreibung obliegt die Planung den Auftraggebern. Für die erforderliche genaue Beurteilung von Inhalt und Umfang der Leistung muss die Planung daher bereits (weitgehend) abgeschlossen sein. Stellt sich im Zuge der Ausführung heraus, dass mit den angegebenen Mengen oder Materialien das gewünschte Ziel nicht erreicht wird, tragen die Auftraggeber das (Planungs-)Risiko.
Bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung nennen Auftraggeber nur das zu erreichende Ziel samt Rahmenbedingungen und nicht die für die Zielerreichung konkret erforderlichen Leistungen. Sie bietet sich immer dann an, wenn Auftraggeber mangels ausreichender Markt- oder Fachkenntnis auf innovative Lösungen der Bieter setzen müssen. Auftraggeber haben das Leistungsziel anhand technischer Spezifikationen so hinreichend genau und neutral zu beschreiben, dass alle für die Angebotserstellung maßgebenden Bedingungen und Umstände erkennbar sind. Den Bietern muss durch die Festlegung von Leistungs- und Funktionsanforderungen eine klare Vorstellung über den Auftragsgegenstand vermittelt werden. Die Auftraggeber müssen sicherstellen, dass der Zweck der fertigen Leistung und die an die Leistung gestellten Anforderungen in technischer, wirtschaftlicher, gestalterischer und funktionsbedingter Hinsicht soweit erkennbar sind, dass die Angebote in weiterer Folge auch tatsächlich verglichen werden können. Entscheiden sich Auftraggeber für eine funktionale Leistungsbeschreibung, haben sie jedenfalls das Bestangebotsprinzip anzuwenden.
Bei der funktionalen Leistungsbeschreibung haben die Bieter auch Planungsleistungen – z.B. im Zuge der Ausarbeitung von innovativen Konzepten im Vergabeverfahren wie etwa Entwürfe oder Ausführungsunterlagen – zu erbringen. Im Gegensatz zur konstruktiven Leistungsbeschreibung tragen die Bieter daher bei der funktionalen Leistungsbeschreibung das Planungsrisiko: Sie schulden um das vereinbarte Entgelt – unabhängig von nicht erwarteten Mehraufwänden – ein vollständiges und funktionstüchtiges Werk.
In der Praxis ist eine rein funktionale oder rein konstruktive Leistungsbeschreibung oft nicht realisierbar oder zweckmäßig. Insbesondere bei komplexeren Bauausschreibungen, die den Auftragnehmern auch bestimmte Planungsleistungen abverlangen, gleichzeitig aber bestimmte Mengen und Materialien vorgeben, verwenden Auftraggeber daher auch Mischformen (sogenannte „teilfunktionale Leistungsbeschreibungen“).
Vorarbeitenproblematik
Wurde die Leistungsbeschreibung oder Teile davon von Bewerbern oder Bietern oder von einem mit ihm in Verbindung stehenden Unternehmen erstellt, müssen die Auftraggeber angemessene Ausgleichsmaßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme der Bewerber oder Bieter nicht verzerrt werden. Kann dies nicht sichergestellt werden, sind die betroffenen Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen.