Durch die Zuschlagserteilung schließen Bieter und Auftraggeber einen Vertrag und haben wechselseitige Vertragspflichten. Davor geben Auftraggeber mit einer Zuschlagsentscheidung unverbindlich bekannt, wem sie beabsichtigen, den Zuschlag zu erteilen. Bieter und Auftraggeber müssen aber bereits vorab sogenannte Schutz- und Sorgfaltspflichten erfüllen. So müssen sie einander insbesondere Umstände mitteilen, die einem gültigen Vertragsabschluss entgegenstehen.

Wenn zukünftige Vertragsparteien ihre Schutz- und Sorgfaltspflichten schuldhaft verletzen, machen sie sich haftbar und können auf Schadenersatz geklagt werden. Der OGH entschied jetzt über einen Fall in dem eine Auftraggeberin von der voraussichtlichen Vertragspartnerin Schadenersatz dafür verlangte, dass sie keine Bankgarantie vorgelegt hatte und dadurch andere, weniger günstigere, Bieter den Zuschlag erhielten.

Welcher Schaden wird ersetzt?

Zuerst muss die geschädigte Person so gestellt werden, wie sie stünde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre. Damit wird ihr der sogenannte Vertrauensschaden ersetzt. Zusätzlich ist es möglich, dass sie einen Nichterfüllungsschaden erleidet, der aber nur dann ersetzt wird, wenn der Vertrag ohne die Pflichtverletzung zustande gekommen wäre. Wenn im Vergabeverfahren also der Zuschlag hätte erteilt werden müssen.

Der Fall: Die aussichtsreiche Bieterin konnte keine Bankgarantie vorlegen und musste zahlen

Im konkreten Fall handelte es sich um die Vergabe eines Rahmenvertrags. Die Auftraggeberin teilte der billigsten Bieterin in der Zuschlagsentscheidung die Absicht mit, ihr den Zuschlag zu erteilen. Mit der Zuschlagsentscheidung forderte sie die Bieterin auch dazu auf, die in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehene Bankgarantie binnen zehn Tagen zu übermitteln. Die Bieterin konnte sie nicht vorlegen, unter anderen, weil sie der Bank keine Sicherstellung leisten konnte. Daraufhin erhielten die zwei nächstbilligen Bieter den Zuschlag. Der Auftraggeberin entstanden dadurch Mehrkosten, die sie als Schadenersatzleistungen gegen die erste Bieterin einklagte. Sie warf ihr vor, an der Ausschreibung teilgenommen zu haben, obwohl sie nicht dazu in der Lage war, die erforderliche Bankgarantie zu legen. Dadurch sei ihr insgesamt ein Schaden von 316.000 Euro entstanden.

Der OGH entschied, dass die Bieterin durch ihr Verhalten tatsächlich Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt hatte. Das führte dazu, dass die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung zurücknehmen und eine neue Zuschlagsentscheidung übermitteln musste. Dadurch entstand ihr einen Verwaltungskostenmehraufwand von rund 2.200 Euro, den die Bieterin ersetzen muss. Ohne der Pflichtverletzung wäre der Vertrag jedoch trotzdem nicht zustande gekommen: Die Bieterin hätte kein Angebot gelegt und die Auftraggeberin hätte ebenfalls die zwei nächstbilligen Bieter ausgewählt. Der Schaden, der der Auftraggeberin dadurch entstanden ist, die nächstbilligen Bieter zu wählen, wäre ihr also sowieso entstanden. Daher wird ihr nur den Vertrauensschaden in Höhe von 2.200 Euro ersetzt.

Bei der Anfechtung einer Entscheidung von Auftraggebern hat der Nachprüfungsantrag keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass während der Überprüfung der Entscheidung durch das Gericht die Auftraggeber aufgrund ihrer Entscheidung weiterhin handeln dürfen. So dürfen sie zum Beispiel einen Zuschlag erteilen, obwohl die Rechtskonformität der angefochtenen Zuschlagsentscheidung noch nicht feststeht.

Nachprüfungswerber sollten daher zusätzlich einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stellen.

Was kann mit einer einstweiligen Verfügung erreicht werden?

In der einstweiligen Verfügung wird angeordnet, dass unverzüglich vorläufige Maßnahmen getroffen werden müssen, um eine entstandene oder eine unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragsteller zu beseitigen bzw. zu verhindern. Damit wird verhindert, dass während eines Nachprüfungsverfahrens der Zuschlag erteilt, die Rahmenvereinbarung abgeschlossen oder das Verfahren widerrufen wird beziehungsweise die Angebote eröffnet werden.

Sobald der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung bei Gericht einlangt, muss dieses die Auftraggeber bzw. die vergebende Stelle unverzüglich darüber informieren. Ab diesem Zeitpunkt hat der Antrag aufschiebende Wirkung. Die Auftraggeber bzw. die vergebende Stelle müssen daher bis zur Entscheidung, ob die einstweilige Verfügung erlassen wird oder nicht, die im Antrag begehrte Maßnahme treffen. Wenn also beispielsweise im Antrag begehrt wird, dass ein Zuschlag vorläufig nicht erteilt werden darf, so dürfen Auftraggeber bereits ab dem Zeitpunkt, in dem sie über das Einlangen des Antrags verständigt wurde, diesen Zuschlag nicht erteilen.

Sollte in dieser Zeit oder nach Erlass der einstweiligen Verfügung ein Zuschlag erteilt werden, so ist die Zuschlagserteilung unwirksam.

In der einstweiligen Verfügung wird festgelegt, wie lange sie gilt. Sobald diese Zeit abgelaufen ist, spätestens aber mit der Entscheidung des Gerichts über den Nachprüfungsantrag, ist sie nicht mehr gültig. Auftraggeber bzw. die vergebende Stelle können aber beantragen, dass eine einstweilige Verfügung frühzeitig aufgehoben wird, weil die Voraussetzung für deren Erlassung weggefallen ist. Andererseits dürfen Unternehmer die Erstreckung beantragen, wenn die Voraussetzungen auch nach Ablauf der festgelegten Zeit weiterhin vorliegen. Beides ist vom Gericht auch von Amts wegen zu veranlassen.

Wer darf eine einstweilige Verfügung beantragen?

Nur Unternehmer, die auch einen Nachprüfungsantrag stellen können, dürfen beantragen, dass eine einstweilige Verfügung erlassen wird. Es ist möglich, zuerst den Antrag für die einstweilige Verfügung zu stellen, solange dem ein fristgerechter Nachprüfungsantrag folgt.

Sollte aber kein Nachprüfungsantrag gestellt werden, muss das Verfahren zur Erlassung der einstweiligen Verfügung eingestellt werden. Gleiches gilt, wenn ein Nachprüfungsantrag nach Ablauf der Antragfrist zurückgezogen wird. Für den Fall, dass eine einstweilige Verfügung bereits ergangen ist, so tritt diese automatisch außer Kraft, sobald die Nachprüfungsfrist abgelaufen ist bzw. der Nachprüfungsantrag zurückgezogen wird.

Was muss der Antrag beinhalten?

Über den Antrag muss das Gericht unverzüglich, längstens aber binnen 10 Tagen entscheiden. Sollte der Antrag Mängel aufweise, wird er zur Verbesserung zurückgestellt und die Frist auf 15 Tage erstreckt.

Der Antrag muss folgende Punkt genau beschreiben:

Ein Subunternehmen ist ein Unternehmen, das Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages ausführt. Die bloße Lieferung von Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung. Die europarechtlichen Vergaberichtlinien ermächtigen öffentliche Auftraggeber, Bieter aufzufordern, bestimmte Angaben zum Subunternehmen zu machen bzw. dürfen die Mitgliedstaaten öffentliche Auftraggeber auch dazu verpflichten, diese Angaben von Bietern einzufordern.

Das europäische Vergaberecht sieht hingegen keine Beschränkungen in Bezug auf den Anteil von Unteraufträgen und die bei Subunternehmen ansetzbaren Abschlägen vor. Italien hatte betragsmäßige Einschränkungen gesetzlich festgelegt, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg 2019 und 2021 für europarechtswidrig erklärte.

Die Entscheidungen des EuGHs im italienischen Vergabeverfahren

In Italien durfte der Anteil des Auftrags, den Zuschlagsempfänger untervergeben wollten, nicht mehr als 30% des Gesamtbetrags des Auftrags ausmachen. Ziel war es, dass die Mafia keine öffentlichen Aufträge infiltriert. Der EuGH fand jedoch, dass diese allgemeine und generelle Beschränkung der Untervergabe auf einen festen Prozentsatz unzulässig war. Sie ließ nämlich keinen Raum für eine Einzelfallprüfung, zum Beispiel hinsichtlich des konkreten Wirtschaftsbereichs, der konkreten Arbeiten oder der Identität der Unterauftragnehmer.

Außerdem durfte die Vergütung der Subunternehmer nicht um über 20% niedriger sein als die sich aus der Ausschreibung ergebenden Einzelpreise. Hier hatte der italienische Gesetzgeber unter anderen den Schutz vor Sozialdumping für die Belegschaft des Subunternehmens im Sinn. Doch auch hier hielt der EuGH diese Regelung aus mehreren Gründen für unzulässig. Insbesondere galt die rein betragsmäßige Einschränkung ohne Rücksicht darauf, ob der soziale Schutz durch Gesetze, Vorschriften und Kollektivverträge gewährleistet wird. Somit konnte nicht im Einzelfall geprüft werden, ob eine betragsmäßige Einschränkung tatsächlich erforderlich war oder der Lohnschutz durch andere Maßnahmen gesichert war.

Wie ist die Rechtslage beim Einsatz von Subunternehmen in Österreich?

Es passiert öfter, dass Bieter, die nicht zum Zug kommen, falsche Rechtsmittel erheben. Im schlimmsten Fall versäumen sie dadurch wichtige Fristen und ihr Anliegen kann nicht mehr geprüft werden. Solange ein Vergabeverfahren noch nicht beendet wurde, können die Entscheidungen des Auftraggebers in einem Nachprüfungsverfahren überprüft werden.

Nach der Zuschlagserteilung bzw. der Erklärung des Widerrufs kann nur mehr die Feststellung des rechtswidrigen Verhaltens der Auftraggeber beantragt werden. Ein Nachprüfungsantrag ist nicht mehr möglich. Feststellungsanträge sind aber nur zulässig, wenn der behauptete Rechtsverstoß nicht schon während eines Nachprüfungsverfahrens hätte geltend gemacht werden können.

Schriftlicher und fristgerechter Antrag beim Verwaltungsgericht

Vor Ende des Vergabeverfahrens kann können Unternehmer bei jeder gesondert anfechtbaren Entscheidung der Auftraggeber beantragen, dass sie vom Verwaltungsgericht nachgeprüft und für nichtig erklärt werden.

Der Nachprüfungsantrag muss

Inhalt des Nachprüfungsantrags

Im Antrag müssen Antragsteller neben einer Reihe von Informationen zum Vergabeverfahren die Nichtigerklärung der Entscheidung beantragen und folgende Punkte ausführen:

Gegen welche Entscheidungen kann ein Nachprüfungsantrag gestellt werden?

Je nach Verfahrensart können zum Beispiel folgende Entscheidungen angefochten werden:

Achtung!

Ein Antrag auf Nachprüfung hat keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass das Vergabeverfahren weiterläuft, bis das Gericht eine Entscheidung trifft. Antragsteller sollten also zusätzlich einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stellen.

Im Rahmen der Abwicklung eines Vergabeverfahrens werden zahlreiche personenbezogene Daten verarbeitet. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nimmt in diesem Zusammenhang nicht nur Auftraggeber und vergebende Stellen, sondern auch Bieter in die Pflicht. Als „Verantwortliche“ im Sinne der DSGVO dürfen auch Bieter personenbezogene Daten nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen verarbeiten. Bei einer Datenschutzverletzung drohen hohe Strafen.

Personenbezogene Daten im Vergabeverfahren

Nach der DSGVO sind sogenannte "personenbezogene" Daten geschützt. Das sind Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Diese Daten dürfen gemäß der DSGVO nur für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden und dürfen nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden. Für die Verarbeitung sogenannter „besonderer Kategorien personenbezogener Daten“ gelten noch strengere Voraussetzungen. Zu den besonderen Kategorien personenbezogener Daten zählen u.a. Daten zur rassischen und ethnischen Herkunft, politische Ansichten, Gesundheitsdaten und Daten zur sexuellen Orientierung.

Vom Anwendungsbereich der DSGVO sind die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten – z.B. im Rahmen der elektronischen Durchführung von Vergabeverfahren – sowie jede Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, umfasst. Ein Dateisystem ist jede strukturierte Sammlung von Daten, egal ob analog oder elektronisch. Die Verarbeitung umfasst alle Aktionen vom Erheben über das Speichern bis zum Löschen der Daten, also im Zweifel jeden Umgang mit Daten.

Personenbezogene Daten sind zum Beispiel Name, Sozialversicherungsnummer, Kontaktdaten, Strafregisterauszüge, elektronische Signatur, Lebenslauf, Sprachkenntnisse, Ausbildungsnachweise, Referenznachweise, Alter, Behinderung oder Fotos von leitenden Angestellten, Arbeitnehmern oder Geschäftsführern. Werden solche Daten beispielsweise zum Nachweis der Eignung (z.B. durch Übermittlung der Lebensläufe des Schlüsselpersonals) oder für die Bewertung eines Zuschlagskriteriums (z.B. durch Angabe von Name und Geburtsdatum älterer Arbeitnehmer im Unternehmen) Auftraggebern übermittelt, müssen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Worauf muss ich als Bieter achten?

Bieter sind als Unternehmer regelmäßig auch Verantwortliche im Sinne der DSGVO, weil sie über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung der personenbezogenen Daten ihrer Arbeitnehmer, Geschäftsführer, Subunternehmer etc. entscheiden. Sie müssen daher sicherstellen, dass die Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten DSGVO-konform erfolgt. In diesem Zusammenhang müssen Bieter insbesondere prüfen, ob eine entsprechende Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten, also einer der in der DSGVO aufgezählten Erlaubnistatbestände, vorliegt: Wird durch die Verarbeitung eine rechtliche Verpflichtung erfüllt? Ist die Verarbeitung zur Wahrung der eigenen berechtigten Interessen oder der Interessen eines Dritten erforderlich? Hat die Person in die Verarbeitung ihrer Daten eingewilligt? Ist die Verarbeitung einer besonderen Kategorie personenbezogener Daten aufgrund eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich? Die Datenverarbeitung darf grundsätzlich nur zu dem in der Rechtsgrundlage festgelegten Zweck erfolgen, der vor Beginn der Verarbeitung festzulegen und zu dokumentieren ist.

Folgen eines Verstoßes gegen die DSGVO

Bei Verstoß gegen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen drohen erhebliche Bußgelder von bis zu 20 Millionen Euro oder 4 Prozent des weltweit erzielten Jahresumsatzes. Darüber hinaus könnten betroffene Unternehmer aufgrund des Vorliegens einer schweren beruflichen Verfehlung gemäß § 78 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

Im Rahmen von Vergabeverfahren, die in den Vollziehungsbereich des Landes Kärnten fallen, können sich die Verfahrensparteien im Streitfall zuerst an die Ombudsstelle für Vergabewesen wenden, bevor sie vor Gericht ziehen. Dort erhalten sie im Rahmen eines gebührenfreien Vorverfahrens eine unverbindliche Expertenmeinung, die ihre Auffassungsunterschiede beseitigen soll.

Die Ombudsstelle prüft nur Entscheidungen der Auftraggeber, die bis zur Zuschlagserteilung ergangen sind. Für Anträge auf Prüfung im beschleunigten Verfahren, bei Dringlichkeit und bei Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung aus dringlichen, zwingenden Gründen ist sie nicht zuständig. Die Ombudsstelle ist beim Amt der Kärntner Landesregierung angesiedelt und wird von einem Ombudsmann/einer Ombudsfrau geleitet. Er oder sie muss eines Universitäts- bzw. Fachhochschulstudiums sowie besondere Kenntnisse des Vergabewesens vorweisen.

Antragsberechtigt sind Unternehmer, Interessensvertretungen und Auftraggeber

Einen Antrag auf Prüfung einer Entscheidung der Auftraggeber können nicht nur Unternehmer stellen, sondern auch die jeweils in Betracht kommende Interessensvertretung und Auftraggeber selbst. Der Antrag muss innerhalb der Nachprüfungsfrist gestellt werden, also binnen 10 bzw. 15 Tage nach der Übermittlung bzw. Bekanntmachung der Entscheidung.

Die Fristen für Nachprüfungsanträge werden für die Dauer des Vorverfahrens gehemmt, also entsprechend verlängert. Außerdem dürfen Auftraggeber, sobald sie vom Einlangen eines Antrags verständigt werden, keine Angebote mehr öffnen, keinen Zuschlag erteilen und das Vergabeverfahren nicht widerrufen. Dies gilt auch nach Beendigung des Vorverfahrens, solange die anschließend verbleibende Frist für den Nachprüfungsantrag noch offen ist.

Das Ziel: eine unverbindliche Expertenmeinung

Im Gegensatz zu den Schlichtungsstellen in Niederösterreich und Wien führt die Ombudsstelle keine mündliche Verhandlung durch und wirkt auch nicht auf eine Einigung hin. Ihre Aufgabe ist es, längstens innerhalb von zwei Wochen ab dem Einlangen des Antrages eine begründete Stellungnahme darüber abzugeben, ob die Entscheidung der Auftraggeber im Widerspruch zu Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens steht. Diese Stellungnahme hat nur empfehlenden Charakter und ist unverbindlich. Sie wird anschließend den Streitteilen und dem Landesverwaltungsgericht Kärnten übermittelt.

Das Vorverfahren ist nicht zwingend, Unternehmer können sich auch direkt an das Landesverwaltungsgericht wenden.

Schlichtungsverfahren dienen dazu, im Streitfall möglichst rasch und kostengünstig eine Einigung zu finden, anstatt vor Gericht zu gehen. Auftraggeber und Unternehmer können sich auf diese Art transparent und nachvollziehbar außergerichtlich einigen, ohne Gefahr zu laufen, etwa wegen wettbewerbswidrigen Absprachen belangt zu werden.

In Österreich haben Wien und Niederösterreich solche Verfahren eingerichtet. Daneben bietet Kärnten ein sogenanntes "Vorverfahren" an, bei dem die Ombudsstelle für Vergabewesen ihre Expertenmeinung abgibt. Schlichtungs- und Vorverfahren sind nicht zwingend durchzuführen, sie sind in allen drei Bundesländern fakultativ. Die Verfahrensparteien können als frei entscheiden, ob sie so ein Verfahren in Anspruch nehmen oder nicht.

Die Schlichtungsstelle

Eine Schlichtungsstelle hat die Aufgabe, in einem konkreten Vergabeverfahren bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Auftraggebern und Unternehmern zu vermitteln. Dafür wirkt sie in einer mündlichen, nicht öffentlichen Verhandlung objektiv auf eine Einigung der Streitteile hin und macht Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheit. Das Schlichtungsverfahren muss je nach Bundesland innerhalb von 10 Tagen bzw. 2 Wochen abgeschlossen sein. Damit das Verfahren stattfinden kann, müssen sich alle Streitteile darauf einlassen, ansonsten wird es ohne Verhandlung für beendet erklärt.

Die Schlichtungsstellen sind bei den jeweiligen Ämtern der Landesregierung angesiedelt und vermitteln durch ihre Mitglieder und Beisitzer zwischen den Verfahrensparteien. Die Mitglieder und Beisitzer werden je nach Bundesland von Land, Gemeinde, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer und Ziviltechnikerkammer beschickt und müssen bestimmte Kenntnisse im Vergabewesen aufweisen beziehungsweise in Wien zusätzlich bestimmte Studien abgeschlossen haben. Die Schlichtungsstelle Niederösterreich wird mit 1. Mai 2022 aufgelöst.

Das Schlichtungsverfahren

Zur Einleitung eines Schlichtungsverfahrens müssen Unternehmer bei der Schlichtungsstelle beantragen, dass eine gesondert anfechtbare Entscheidung (bzw. eine nicht gesondert anfechtbare Entscheidung, die ihr zeitlich vorangegangen ist) geprüft wird.

Solch ein Schlichtungsantrag ist in Niederösterreich nur zulässig, wenn noch kein Nachprüfungsantrag oder Feststellungsantrag eingebracht wurde. Vorsicht: In Wien ist ein Schlichtungsantrag überhaupt nur bei bestimmten Verfahrensarten und in diesen nur bis zum Ende der Angebotsfrist bzw. der Teilnahmefrist zulässig! So sind Schlichtungsverfahren bei Direktvergaben ohne vorherige Bekanntmachung beispielsweise unzulässig.

In Niederösterreich hemmt das Schlichtungsverfahren die Fristen für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages nicht. Das bedeutet, dass die Frist für den Nachprüfungsantrag trotz anhängigem Schlichtungsverfahren nicht verlängert wird. Der Schlichtungsantrag hat auch keine aufschiebende Wirkung für das betreffende Vergabeverfahren. In Wien ist das Gegenteil der Fall: die Frist für die Einbringung des Nachprüfungsantrags (Nichtigerklärungsantrags) wird für die Dauer der Anhängigkeit eines Schlichtungsverfahrens gehemmt. Außerdem bewirkt der Schlichtungsantrag ein befristetes Verbot, Teilnahmeanträge bzw. Angebote zu öffnen.

Eine Kernaufgabe der Auftraggeber ist es, die Zuverlässigkeit der am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmer zu prüfen und zu beurteilen. Bei bestimmten rechtskräftigen Gerichts- oder Verwaltungsentscheidungen (z.B. wegen Betrug oder illegaler Beschäftigung) sind Unternehmer grundsätzlich wegen fehlender Zuverlässigkeit vom Vergabeverfahren auszuschließen.

Unternehmer haben in diesen Fällen jedoch die Möglichkeit, glaubhaft zu machen, dass sie trotz Verurteilung bzw. Bestrafung zuverlässig sind: Die sogenannte "Selbstreinigung" verhilft ihnen, dem Ausschluss zu entgehen. Dafür müssen sie bestimmte Maßnahmen setzen, die sicherstellen sollen, dass Verfehlungen künftig nicht mehr passieren werden.

Selbstreinigungsmaßnahmen der Unternehmer

Unternehmer müssen darlegen, dass sie konkrete technische, organisatorische, personelle oder sonstige Maßnahmen getroffen hat, die geeignet sind, das nochmalige Begehen der betreffenden strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu verhindern. Unternehmer müssen auch nachweisen, dass

Prüfung und Beurteilung durch die Auftraggeber

Auftraggeber müssen diese Maßnahmen prüfen und sie bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit in Verhältnis zur Anzahl und zur Schwere der begangenen strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen setzen.

Dabei gibt das Gesetz teilweise vor, wie Auftraggeber diese Beurteilung durchzuführen haben:

Sollten öffentliche Auftraggeber die Maßnahmen der Unternehmer als unzureichend befinden, so haben sie diese Entscheidung gegenüber der Unternehmer zu begründen. Wurden keine oder nur unzureichende Maßnahmen zur Selbstbereinigung getroffen, so dürfen Unternehmer höchstens für den Zeitraum von fünf Jahren ab dem Tag der rechtskräftigen Verurteilung von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

Auch ohne Preisanpassungsklausel können Auftraggeber und Auftragnehmer im Nachhinein eine Indexanpassung vereinbaren. Eine Änderung des Entgelts, die lediglich der allgemeinen Preisentwicklung Rechnung trägt und damit der Wertsicherung dient, ist unwesentlich.

Hintergrund

Wollen Auftraggeber und Auftragnehmer nach Zuschlagserteilung Vertragsbestimmungen anpassen, haben sie neuerlich vergaberechtliche Implikationen zu bedenken. Für nachträgliche Vertragsänderungen besteht seit dem BVergG 2018 zwar erstmals eine gesetzliche Grundlage. In vielen Fällen hinterlässt die gebotene Einzelfallbeurteilung aber Rechtsunsicherheiten. Im Anfechtungsfall droht eine Nichtigerklärung des Vertrags. Umso erfreulicher für die Vergabepraxis, wenn der VwGH für eine Konstellation der Preisanpassung klare Worte findet.

Ausgangssachverhalt und Entscheidung

Die Auftraggeberin hatte 2007 einen Vertrag über die Lieferung von Schulmahlzeiten an städtische Pflichtschulen in der Stadt Salzburg vergeben. Der Portionspreis war in der Zuschlagserteilung betraglich mit EUR 2,70 brutto bestimmt worden. Laut den Vertragsbestimmungen der Ausschreibung sollte dieser Preis als Festpreis für drei Jahre ab Vertragsbeginn gelten und nach Ablauf dieser Zeit „nur im gegenseitigen Einvernehmen“ geändert werden können. Sonstige Preisanpassungsmechanismen fanden sich im Vertrag nicht.

2010 vereinbarten Auftraggeberin und Auftragnehmerin erstmals eine Preisanpassung entsprechend dem Verbraucherpreisindex (VPI); ab 2012 wurde das Entgelt jährlich nach dem VPI angepasst. Eine Bieterin aus dem ursprünglichen Vergabeverfahren sah darin eine wesentliche Vertragsänderung, die keine Deckung im Vertrag findet. Sie bekämpfte den Vorgang mittels Feststellungsantrag als rechtswidrige Direktvergabe.

Der VwGH sah in einer Entgeltänderung „in Anlehnung an den Verbraucherpreisindex“ keine wesentliche nachträgliche Vertragsänderung. „Im Fall einer Preisanpassung, die lediglich der allgemeinen Preisentwicklung Rechnung trägt und damit der Wertsicherung dient, ist nicht anzunehmen, dass die Änderung zu einer Verfälschung des Wettbewerbs zwischen den potenziellen Interessenten und zu einer Bevorzugung des Auftragnehmers gegenüber anderen Unternehmern führt.

Fazit

Die Qualifikation einer neu eingeführten Indexanpassung als unwesentliche Vertragsänderung ist insofern bemerkenswert, als sie eine klare (wenn auch geringfügige) Verbesserung für den Auftragnehmer bedeutet. Nach dem Wortlaut der ständigen Rechtsprechung des EuGH, der VergabeRL und des nun geltenden § 365 Abs 2 Z 2 BVergG 2018 sind nämlich alle Änderungen, mit denen das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung zugunsten des Auftragnehmers verschoben wird, wesentlich (und damit nicht zulässig).

Die Entscheidung hat außerdem über den Anlassfall hinaus Bedeutung – für den VwGH war die konkrete Ausschreibungsgestaltung nämlich nicht relevant: Wenn eine Änderung als unwesentlich zu qualifizieren ist, komme es auch nicht darauf an, ob sie auf eine Bestimmung in der Ausschreibung gestützt werden kann. Der im Einzelfall heranzuziehende Index wird nicht immer (zwingend) der Verbraucherpreisindex sein. Je nach Auftragsgegenstand wird jener Index zu ermitteln sein, der die entsprechende Preisentwicklung berücksichtigt.

Tatsächlich bildet – zumindest nach dem zwischenzeitig in Kraft getretenen BVergG 2018 – eine im Leistungsvertrag geregelte Zulässigkeit nachträglicher Änderungen „im gegenseitigen Einvernehmen“ keine ausreichende Grundlage für nachträgliche Vertragsänderungen. Sie enthält nämlich keine Festlegungen zu „Umfang und Art der möglichen Änderungen [… ] sowie zu den Bedingungen […], unter denen sie zur Anwendung gelangen können(§ 365 Abs 3 Z 2 BVergG 2018).

VwGH 19.06.2020, Ra 2017/04/0125


Veranstaltungstipp

Dr. Sebastian Feuchtmüller ist Vortragender bei:

Vergabeforum Wien
Datum: 15. & 16. Oktober 2020
Veranstalter: Business Circle

Weitere Information und Anmeldung

Bei der Abwicklung eines Vergabeverfahrens gibt es jede Menge Fristen zu beachten. Der öffentliche Auftraggeber hat die für ein Vergabeverfahren erforderlichen Fristen in den Ausschreibungsunterlagen so festzulegen, dass den teilnehmenden Unternehmen ausreichend Zeit für die entsprechenden Handlungen bleibt. Speziell bei Teilnahmeantrags– und Angebotsfristen sowie Fristen für die Ausarbeitung von Lösungen im wettbewerblichen Dialog ist beispielsweise die Komplexität des Leistungsgegenstandes zu berücksichtigen. Dem Unternehmer muss genügend Zeit für die Erstellung des Teilnahmeantrages, Angebotes bzw. der Lösung bleiben.
Fristen in Vergabeverfahren im Unter- und Oberschwellenbereich:

Unabhängig davon, ob ein Vergabeverfahren im Ober- oder Unterschwellenbereich liegt, muss der Auftraggeber bei der Festlegung von Auskunfts- und Verbesserungsfristen folgendes beachten:

Fristen in Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich

Je nachdem welches Vergabeverfahren der Auftraggeber wählt, hat der Auftraggeber unterschiedliche Fristen zu beachten. In zweistufigen Verfahren (nicht offenes Verfahren, Verhandlungsverfahren, wettbewerblicher Dialog, Innovationspartnerschaft oder dynamisches Beschaffungssystem) muss der Auftraggeber die Teilnahmeantragsfrist für das Einbringen der Teilnahmeanträge sowie die Angebotsfrist für die Angebotsabgabe festlegen. In einstufigen Verfahren ist nur die Angebotsfrist zu beachten.

Hinweis: Die Teilnahmeantragsfrist von mindestens 30 Tagen kann bei Vorliegen von begründeter Dringlichkeit (z.B. dringender Beschaffungsbedarf an zusätzlicher Homeoffice-Infrastruktur während des Corona-Lockdowns) auf 15 Tage verkürzt werden.

Hinweis: In bestimmen Fällen, insbesondere wenn die Ausschreibungsunterlagen nicht elektronisch zur Verfügung gestellt werden oder wenn die Angebote nicht elektronisch eingereicht werden können, ist die Angebotsfrist um fünf Tage zu verlängern.
Angebotsfristen sind weiters dann zu verlängern, wenn infolge von Berichtigungen der Ausschreibungsunterlagen eine längere Frist für die Erstellung der Angebote erforderlich ist oder wenn zusätzliche Auskünfte nicht innerhalb der Auskunftsfrist gestellt werden. In diesen Fällen ist die Angebotsfrist im Verhältnis zur Bedeutung der geänderten Information angemessen zu verlängern.

Angebotsfristen können aber auch verkürzt werden, wenn eine Vorinformation mindestens 35 Tage und höchstens 12 Monate vor der Auftragsbekanntmachung erfolgte oder dringende Gründe vorliegen. Im offenen Verfahren kann die Angebotsfrist diesfalls auf 15 Tage und im nicht offenen Verfahren oder Verhandlungsverfahren auf 10 Tage verkürzt werden.

Fristen in Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich:

Ebenso wie im Oberschwellenbereich haben Auftragnehmer im Unterschwellenbereich bei der Abwicklung von zweistufigen Verfahren die Teilnahmeantrags- und die Angebotsfrist, in einstufigen Verfahren nur die Angebotsfrist festzulegen. Im Vergleich zum Oberschwellenbereich sind die Fristen im Unterschwellenbereich kürzer.

Weitere Fristen im Vergabeverfahren:

Nach Abgabe der Angebote hat der Auftraggeber einerseits die Zuschlags- und andererseits die Stillhaltefrist zu beachten:

Beginn der Fristen und deren Berechnung:

Beispiel: Bei einer Frist von 30 Tagen und einem fristauslösenden Ereignis am 1. März 2021 endet die Frist somit am 31. März 2021 um 24:00 Uhr.

Auch bei Fristen, die von einem bestimmten Ereignis zurückgerechnet werden (wie z.B. Erteilung von Auskünften vier bzw. sechs Tage vor Ablauf der Angebotsfrist), wird das fristauslösende Ereignis (z.B. Tag des Ablaufs der Angebotsfrist) nicht miteingerechnet.

Beispiel: Endet die Angebotsfrist am 15. November um 12:00 Uhr, so müssen zusätzliche Auskünfte bis spätestens 8. November 24:00 Uhr bereitgestellt werden.

Hinweis: Für die Berechnung der Fristen in Vergabekontrollverfahren kommen die Regelungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) zur Anwendung.