Einen Auftrag über 400 Millionen Euro wegen einer falschen digitalen Signatur verlieren. Dieser Alptraum ist im September 2021 für den Zugausrüster Stadler Rail Realität geworden. Damit Ihnen das als Bieter nicht passiert, nehmen Sie sich drei Minuten Zeit für unser Video mit der Vergabe-Expertin Mag. Sophie Reiter-Werzin zum Thema e-Signatur.

Falsche Signatur: 21 Züge weniger

Am 10. September 2021 hat das Bundesverwaltungsgericht die Zuschlagserteilung der ÖBB über 21 Doppelstockzüge an den schweizerischen Anbieter Stadler Rail für nichtig erklärt (derstandard.at Artikel vom 20.9.2021). Grund war, dass die vom Anbieter verwendete schweizerische digitale Signatur nicht den Vorgaben im Sinne der EU-Verordnung Nr 910/2014 entsprach. Details dazu können Sie in der Entscheidung W131 2243410-2 des Bundesverwaltungsgerichtes. nachlesen.

e-Signatur für Bieter

In einem vergabeservice Wissens-Video haben wir alle wichtigen Informationen zur e-Signatur zusammengefasst. Dieses Video finden Sie in unserem Blog-Beitrag "Die eSignatur bei öffentlichen Aufträgen"

Hier der Link zum Video: vergabeservice | Die eSignatur bei öffentlichen Aufträgen

Das Video zum Nachlesen:

Vergabeverfahren werden vorwiegend elektronisch abgewickelt. Damit das klappt benötigt man eine e-Signatur.

Die e-Signatur

Die elektronische Signatur oder kurz e-Signatur ist die rechtsgültige elektronische Unterschrift im Internet. Sie ersetzt die handschriftliche Unterschrift.
Die Signatur kann entweder mit dem Handy oder mit einer Bürgerkarte samt Kartenlesegerät gesetzt werden. Eine Bürgerkarte ist z.B. der Personalausweis oder die e-card. Die Aktivierung ist kostenlos und kinderleicht auf www.bürgerkarte.at möglich. Einfach dem Link in der Beschreibung folgen und schon können Sie online unterschreiben.

Ihre Rolle im Vergabeverfahren

Sehen wir uns nun die Rolle der e-Signatur im Vergabeverfahren genauer an!
Die e-Signatur benötigen Sie als Bieter, damit Sie einen Teilnahmeantrag oder ein Angebot rechtsgültig auf den Vergabeportalen abgeben können. Bitte denken Sie daran, dass die elektronische Signatur von der oder den vertretungsbefugten Personen des Bieters stammen muss. Also z.B. vom Geschäftsführer, vom Prokuristen oder auch von beiden. Bei den meisten Vergabeplattformen ist es technisch möglich, dass mehrere Personen ein Angebot signieren können.

Mein Tipp an Sie: Lesen Sie die Ausschreibungsunterlagen genau durch. Vielleicht hat der Auftraggeber Erleichterungen festgelegt. Z.B. dass eine e-Signatur nicht erforderlich ist, sondern nur eine eingescannte handschriftliche Unterschrift am Angebot ausreicht.

Die Vollmacht

Das kennen Sie vielleicht: Es ist eine e-Signatur erforderlich und der Vertretungsbefugte ist zum Zeitpunkt der Abgabe gerade nicht da oder hat keine Zeit, das Angebot elektronisch zu signieren.
Was können Sie nun tun? In diesem Fall können Sie eine Vollmacht verwenden. Eine korrekte Vollmacht wird von der Firma an denjenigen, der elektronisch signiert, ausgestellt. Der Geschäftsführer oder Prokurist muss die Vollmacht unterschreiben. Aber bitte bedenken Sie: Wenn mehrere Personen nur gemeinsam vertretungsbefugt sind, müssen auch alle gemeinsam die Vollmacht unterschreiben. Noch ein Tipp: Formal hilfreich ist, wenn Sie in die Vollmacht schreiben, dass diese im Außenverhältnis unwiderruflich ist.

Bieter außerhalb der EU

Zu guter Letzt: Bieter aus anderen EU-Ländern haben oft nur sogenannte einfache oder „fortgeschrittene“ elektronische Signaturen. Diese werden in Österreich nicht akzeptiert. Deshalb rate ich Auftraggebern: Um unerwünschte Probleme bei der Abgabe zu vermeiden, treffen Sie eine klare Festlegung, dass die ausländische Signatur der österreichischen qualifizierten e-Signatur entsprechen muss.

Sie sehen die Verwendung der e-Signatur ist wie die Aktivierung schnell und super easy.

Den Link zum Video finden Sie hier: vergabeservice | Das Publizieren und Suchen von Ausschreibungen

Das Video zum Nachlesen:

Ausschreibungssuche, Kerndaten , Metadaten, Bekanntmachungen und Bekanntgaben – seit März 2019 prägen diese Begriffe die Vergabebranche. Was Sie – als Auftraggeber und Bieter – wirklich über das Publizieren und Suchen von Ausschreibungen wissen müssen, erfahren Sie hier.

Bekanntmachung

Eine Bekanntmachung ist die erste nach außen tretende Information über eine Ausschreibung. Als Auftraggeber werden Sie diese in Form eines Formulars an das Amtsblatt der EU versenden, sofern natürlich der Auftrag über einem gewissen Schwellenwert liegt. Denken Sie bitte daran, die gleichen Informationen auch national in Form von Kerndaten zu publizieren. Dabei können Sie sich an eine eVergabe-Plattform, wie bspw. lieferanzeiger.at wenden. Sie werden merken, dass die gesetzeskonforme Publikation dadurch einfacher wird.

Kerndaten und Kerndatenquelle

Nun was sind Kerndaten? Kerndaten sind auch Informationen zu einer Ausschreibung, nur in einer anderen Form. Sie müssen in einem maschinenlesbaren Format auf einer Kerndatenquelle bereitgestellt werden. Die Kerndatenquelle ist ein Ort im Internet, von dem Bieterportale, wie bspw. auftrag.at, die Kerndaten abholen und dann für Menschen lesbar zur Verfügung stellen. Wenn Sie sich also für Ausschreibungen interessieren, können Sie direkt auf auftrag.at suchen.

Metadaten der Kerndaten

Es gibt viele Kerndatenquellen. Woher wissen dann die Bieterportale, wo sie die Kerndaten finden? Dafür kommen jetzt die Metadaten der Kerndaten ins Spiel. Sie sind auf data.gv.at zu finden und beinhalten den direkten Link zu der jeweiligen Kerndatenquelle. Data.gv.at ist also so gut wie ein Inhaltsverzeichnis aller Adressen – sprich der Kerndatenquellen. Und diese beinhalten die Kerndaten.

Bekanntgaben

Noch ein Tipp für Sie: Bekanntmachung ist nicht gleich Bekanntgabe. Wenn die Bekanntmachung die erste nach außen tretende Information ist, so ist die Bekanntgabe so gut wie die letzte Information in einem Vergabeverfahren.

Hier der Link zum Video: vergabeservice | Bewertungsjurys – die wichtigsten Themen in 3 Minuten erklärt

Das Video zum Nachlesen:

Jeder, der mit Beschaffungen zu tun hat, kommt früher oder später mit Bewertungsjurys in Berührung. Dieses Video bereitet Sie in 3 Minuten auf die wichtigsten Themen vor.

Interessenskonflikte

Hinterfragen Sie, ob Jurymitglieder möglicherweise befangen sind. Ein Interessenskonflikt liegt vor, wenn das Mitglied in einem finanziellen, wirtschaftlichen oder persönlichen Verhältnis zum Bieter steht und dieses Verhältnis Zweifel an seiner Unparteilichkeit erzeugen könnte.

Eindeutig ist die Lage z.B. bei einem nahen Verwandtschaftsverhältnis. Wenn ein Jurymitglied mit dem Geschäftsführer des Bieters verheiratet ist, ist die Sache klar. Die weit größere Anzahl der Fälle sind allerdings Grenzfälle. Wie schaut es z.B. aus, wenn das Jurymitglied früher beim Bieter angestellt war? Eine pauschale Beurteilung solcher Fälle ist nicht möglich. Wichtig ist aber, dass solche Fälle an den Auftraggeber gemeldet werden. Der Auftraggeber kann dann selbst beurteilen, ob ihm die Sache zu heiß wird oder nicht. Ich würde z.B. als Auftraggeber bei einem ehemaligen Angestelltenverhältnis zum Bieter (1) schauen, wie lange das her ist (Stichwort: Cool-Down-Phase) und (2) würde ich auch schauen, wie ist denn sein bzw. ihr jetziges Verhältnis zum ehemaligen Arbeitgeber.

Anwesenheit der Jurymitglieder

Müssen alle Jurymitglieder während der gesamten Präsentation anwesend sein? Grundsätzlich gilt das Prinzip der Unmittelbarkeit: Das heißt, die Personen, die eine Bewertung vornehmen, sollten auch selbst wahrgenommen haben, was sie da beurteilen. Es gibt aber auch eine Ausreißer-Entscheidung. Da hat das Gericht zugelassen, dass ein Jurymitglied dem anderen Jurymitglied Inhalte weitergesagt hat – davon rate ich allerdings ab.

Wie ist jetzt damit umzugehen, wenn ein Jurymitglied während der Präsentation oder dem Bieter-Hearing mal kurz hinaus muss? Das Wichtigste ist auch in diesem Fall: Bitte nicht einfach gehen, sondern dem Moderator oder der Vorsitzenden der Bewertungsjury vorher Bescheid sagen. Er oder sie muss dann selbst beurteilen, ob sie das Hearing unterbricht oder nicht. Mein Zugang aus der Praxis ist: Bei kurzen Abwesenheiten die Präsentation weiterlaufen zu lassen, dann aber sehr genau darauf zu achten, ob möglicherweise bewertungsrelevante Inhalte vorkommen. Gegebenenfalls unterbreche ich dann die Sitzung bis die Person wieder anwesend ist.

Fragen während der Bieterpräsentation

Dürfen Jurymitglieder während der Präsentation Fragen an die Bieter stellen? Es gibt Auftraggeber, die lassen das gar nicht zu – aus Gründen der Bietergleichbehandlung sagen sie. Meiner Meinung nach entsteht dann aber das Problem, dass die Mitglieder der Bewertungsjury möglicherweise das Angebot bzw. die angebotene Lösung nicht verstehen können. Deswegen lasse ich kurze Verständnisfragen zum individuellen Angebot des Bieters schon zu, achte dabei aber sehr genau darauf, dass alle Bieter gleichbehandelt werden. Das heißt, ich lasse nicht zu, dass der eine Bieter besonders kritische Fragen bekommt, während der andere Bieter besonders freundliche Fragen bekommt. Sinnvoll ist auch, die Hearing-Fragen schon vorzubesprechen und dann möglicherweise gleichartige Fragen an alle Bieter zu stellen.

Zuletzt ein Tipp an Auftraggeber: Dokumentieren Sie die gestellten Fragen während dem Hearing im Protokoll. Damit können Sie transparent darlegen, dass alle Bieter im Vergabeverfahren gleichbehandelt wurden.